Business Intelligence: Gehen Sie auf Erfolgskurs
Viele Mittelständler sammeln intensiv Daten zur Unternehmenssteuerung. Für nachhaltige Verbesserungen müssen sie aber die entscheidenden Kennzahlen identifizieren und dann zielgerichtet analysieren. Dabei hilft der Steuerberater.
Den Wachstumsschmerz spürte Stephan Obermaier da, wo ein Unternehmer besonders empfindlich ist – beim Geld. „Plötzlich zahlten immer mehr Kunden in Teilbeträgen und erst nach längerem Zögern“, erinnert sich der geschäftsführende Gesellschafter der Metallbau Obermaier GmbH aus Raubling-Reischenhart bei Rosenheim an die Zeit, als sein Betrieb einen regelrechten Auftragsboom erlebte. Kehrseite der Medaille: Weil die rund 50 Beschäftigten kaum mit der Arbeit nachkamen, häuften sich auf vielen Baustellen die Verzögerungen. Und der früher relativ kontinuierliche Zahlungseingang wurde unberechenbar.
Transparenter kalkulieren. „Wir waren einfach zu schnell gewachsen, und dabei hatte der Kopf nicht mitgehalten“, gibt Obermaier heute rückblickend zu. „Also mussten wir uns damals erst einen guten Überblick verschaffen, um wieder volle Leistung bringen zu können.“ Zwar lagen dem Firmenchef viele betriebswirtschaftliche Daten vor – doch sie wurden, wie so oft im Mittelstand, nicht analysiert. Also startete Obermaier Anfang 2010 ein umfassendes Projekt zur Zahlentransparenz und modernisierte die Kalkulation. Seine Beschäftigten ordnen seitdem die Arbeitszeit zentral und zügig im System einem Auftrag zu. So sieht der Unternehmer die Stunden sowie Materialkosten jedes Projekts und kann den Mitarbeitern genaue Vorgaben für ihre Aufgaben machen. Damit das Ergebnis im Plan bleibt, kennen seine Leute jetzt neben dem Auftragsvolumen auch die für alle Tätigkeiten kalkulierten Stundenzahlen und wissen, wie schnell sie arbeiten müssen. Solche Veränderungen funktionieren nicht automatisch, wie Stephan Obermaier erfahren musste:
„Die größte Herausforderung ist es, bei den Mitarbeitern die Bereitschaft zur Umstellung zu wecken.“
Zudem muss der Firmenchef konsequent Business Intelligence nutzen, wie das Prinzip des kontinuierlichen Sammelns und Auswertens von Kennzahlen zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen genannt wird. Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter die Daten regelmäßig einpflegen. Passiert das nicht, bilden die Informationen nicht mehr die echte Situation ab. Analysiert der Chef die Zahlen aber kontinuierlich und richtig, kann er Kosten senken, Preise optimieren und auf Basis harter Fakten mit Geschäftspartnern verhandeln. Dabei unterstützt wird Obermaier von einem eigens für diese Aufgabe eingestellten Controller.
Umfassend Daten sammeln. Wie die Metallbau Obermaier GmbH sollten nach Meinung von Helmut Haberl alle Betriebe agieren. „Zu jedem Arbeitsschritt gehört eine Buchung“, betont der Vorstand der Quest Consulting AG in Rosenheim. „Eine solche Kostenträgerrechnung ermöglicht rasche und realistische Kalkulationen.“ Das erkennen immer mehr Mittelständler, die ihre Zahlen systematischer nutzen wollen, um die Leistung zu steigern. Sie stehen jedoch vor der Herausforderung, die richtigen Kennzahlen auszuwählen und Daten so zusammenzusuchen und aufzubereiten, dass die Mitarbeiter sie schnell für ihre Entscheidungen nutzen können. Laut einer Befragung der Business Application Research Center GmbH (BARC) in Würzburg setzt die Hälfte der Mittelständler für Business Intelligence eine Software zur Unternehmenssteuerung ein – längst nicht mehr nur in Management und Controlling, sondern auch in Vertrieb, IT, Buchhaltung, Marketing und Werbung, Logistik, Einkauf, Personalwesen und der Produktion. Ungefiltert genutzt werden können die auf diese Weise gesammelten Informationen allerdings nicht. „Sie stammen oft aus Insellösungen, die überhaupt nicht zusammenpassen“, warnt Hans-Georg Kemper, Professor für Wirtschaftsinformatik am Betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Stuttgart. Eine Kennzahl für ein Produkt könne im Marketing schließlich etwas ganz anderes ausdrücken als die gleiche Kennzahl im Einkauf oder in der Produktion. „Dieses Problem haben selbst kleine Mittelständler.“
Aussagequalität erhöhen. Um eine hohe Datenqualität zu erreichen, muss jeder Firmenchef zuerst die für den Erfolg seines Unternehmens und die Steuerung der verschiedenen Bereiche tatsächlich aussagekräftigen Kennzahlen ermitteln. Eventuell müssen diese echten Werttreiber individuell aus den für die Firma wichtigen Fakten hergeleitet werden. „Außerdem dürfen sich die ausgewählten Kennzahlen nicht überlappen oder wiederholen“, betont Kemper. Deshalb beginnt ein Business-Intelligence-Prozess mit eindeutigen Vorgaben für die Erhebung und den Zuschnitt der Daten sowie der Festlegung, welcher Mitarbeiter wie dazu beiträgt, Daten zu erheben, auszuwerten und weiterzuentwickeln. Mit Plan‑, Soll- und Schwellenwerten, die zur Kontrolle sowie für Zielvorgaben und Alarmfunktionen genutzt werden, lässt sich das Unternehmen dann zielorientiert steuern. Eine wichtige Informationsquelle sind in diesem Zusammenhang die eigenen Beschäftigten. „Um die Akzeptanz der Kennzahlen zu erhöhen, sollten alle Mitarbeiter einer Abteilung oder Prozessbeteiligte ein Vorschlagsrecht für sie betreffende Kennzahlen bekommen“, rät BARC-Analyst Florian Ehmann. Auch ihre Kundenkontakte sollten Unternehmen nutzen, um Daten zu erheben – ob im Vertrieb, über das Internet oder die Filiale. Aus der Information beispielsweise, dass jemand nach einer Reklamation plötzlich seine Bestellgewohnheit ändert, lassen sich mit den entsprechenden statistischen Werkzeugen die richtigen Schlüsse ziehen und Kundenbindungsmaßnahmen einleiten. Auch der Steuerberater kann aus den ihm übermittelten Fakten aussagekräftige Analysen und Prognosen erstellen. Dabei bietet er seinen Mandanten über reine Finanz- und Steuerfragen hinaus auch Unterstützung bei der betriebswirtschaftlichen Steuerung wie etwa der Erfolgsanalyse, der Liquiditätsplanung, der Unternehmensbewertung oder der Existenz und Zukunftssicherung. Vorteile verschaffen jedoch nur Informationen, die konsequent genutzt werden. Bei der HaWig-Firmengruppe im oberfränkischen Heroldsbach wird deshalb für jeden Auftrag ein Budget festgelegt. Basis sind auf verschiedene Kunden und Projekte abgestimmte Kennzahlen sowie die nach Technik und kaufmännischer Leistung getrennte Arbeitszeit, die Fremdlohnleistungen sowie das Material.
Fehlerquote verringern. Die Kalkulation und die für die Unternehmenssteuerung nötigen Daten haben die Mitarbeiter des Herstellers von Heizungs‑, Lüftungs- und Klimasystemen für Industrieanlagen im Griff. „Aber wir arbeiten noch mit Excel und stoßen schon an unsere Grenzen“, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Harald Wideburg. Daher prüft der Firmenchef derzeit, wie die Business Intelligence mit einer Projektmanagementsoftware unterstützt werden könnte. Davon erhofft er sich unter anderem weniger Übertragungsfehler und dass die Mitarbeiter die Daten noch konsequenter pflegen und nutzen. Nach Wideburgs Vorstellung sollte es künftig zum Arbeitsablauf gehören, stets in das aktuelle Projekt eingeloggt zu sein. Die Zeiterfassung könnte dann automatisch passieren, die Datenerfassung intuitiv. „Und wenn ich mal rasch Zahlen abrufen will, müsste ich nicht eine Stunde mit meinem Kaufmann eine Excel-Datei durchgehen, sondern könnte mir per Knopfdruck eine sehr gute Übersicht auf den Schirm holen“, wünscht sich Wideburg.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 01/2012; Text: Midia Nuri