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Korruptionsprävention

„Das gibt es bei uns nicht! – Wir sind doch nur ein kleines Unternehmen.“ Im allgemeinen Bewusstsein wird Wirtschaftskrimina­lität spontan immer noch Großkonzernen zugeschrieben und Korruption als ein Problem von Bananenrepubliken bewertet. Die Statistiken in Deutschland sind jedoch erschreckend und zeigen, dass unabhängig von ihrer Größe knapp die Hälfte aller deut­schen Unternehmen Opfer von Wirtschaftskriminalität sind. In unserem Themenschwerpunkt geben wir einen Überblick über die Korruptionssituation in Deutschland und zeigen Wege zur Bekämpfung von Betrug, Bestechlichkeit, Untreue und Vorteilsnahme in der täglichen Praxis.


Als Trans­paren­cy International1993 gegrün­det wurde, galt die öffentliche Behaup­tung, in Deutsch­land sei Kor­ruption (dolose Hand­lun­gen) an der Tages­ordnung, als Nest­beschmutzerei. Deutsch­land schien ein sauberes Land zu sein und sollte es auch bleiben. Seit­dem hat sich vieles geän­dert: Fast täglich kön­nen wir neue und spek­takuläre Kor­rup­tion­sskan­dale in den Medi­en ver­fol­gen und es entste­ht der Ein­druck, Deutsch­land sei auf das Niveau von Län­dern her­abge­sunken, auf die wir frü­her gerne her­abge­se­hen haben.

Bedeutet dies, dass in den let­zten Jahren die Kor­rup­tion in Deutsch­land in einem sol­chen Maße zugenom­men hat? Zunächst ein­mal bedeutet es, dass heute mehr darüber gesprochen wird. Es ist in das all­ge­meine Bewusst­sein einge­drun­gen, dass Deutsch­land nicht so unschuldig ist wie ver­mutet, dass Kor­rup­tion ein zu bekämpfend­es volks­wirtschaftliches Geschwür ist und dass erst die öffentliche Diskus­sion den Schaden er­kennbar macht. Wir erfahren heute aus den ver­schiede­nen Medi­en und Quellen von Vor­gängen, die früher ver­schwiegen und ver­tuscht wur­den. Daher erfahren und verzeich­nen wir über dieses The­ma mehr als früher. Aber gibt es auch mehr? Der Ver­dacht ist ein ander­er und er ist schlim­mer: Korrup­tion hat es auch hierzu­lande schon immer gegeben und Deutsch­land war nie das sau­bere Land, als das wir es gerne wahrhaben wollten.

Was ist Kor­rup­tion? Die Flick-Affäre, der Skan­dal um die schwarzen Kassen der CDU-Parteis­pende­naf­färe, der Starfight­er-Skan­dal, die Siemens Schmiergeld-Affäre oder der Flow­Tex-Betrug, der nach­haltig alle Kred­it­suchen­den beein­trächtigt und heute noch an den Pranger stellt: Diese Skanda­le sind Stich­wörter aus der frühen Vergan­genheit und Gegen­wart der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land und soll­ten niemals vergessen wer­den. Sie führen aber ein wenig in die Irre, da sie das Gefühl ver­mit­teln, Kor­rup­tion sei ein Prob­lem großer Organ­i­sa­tio­nen, multi­nationaler Konz­erne oder das Ergeb­nis be­sonders krim­ineller Energie.

Kor­rup­tion find­et jedoch genau­so im Klei­nen statt: Sta­tis­tisch gese­hen sind 49 % der deutschen Unternehmen Opfer von Wirt­schaftskriminalität. Die offenkundi­ge Alltäg­lichkeit dolos­er Hand­lun­gen in Deutsch­land ist somit nicht nur ein Schaden für die je­weiligen Unternehmen, son­dern eben­so für die gesamte Volk­swirtschaft und diejeni­gen Kau­fleute, die ihre Geschäfte ehrlich und redlich betreiben.

Was aber ist die Kor­rup­tion „im Kleinen“? Ganz ein­fach: Unternehmen A will an Unter­nehmen B etwas verkaufen, z. B. eine Te­lefonanlage, einen Mobil­funk­tarif oder eine Bauleis­tung. Dabei ver­sichert sich Unter­nehmen A der beson­deren Aufmerk­samkeit eines entschei­dungs­befugten Mitar­beit­ers in Unternehmen B durch mehr oder weniger große Zuwen­dun­gen. Dies kann schlicht die Zuschiebung eines Umschlags mit Geld sein, oft­mals sind es aber auch sach­be­zo­gene Zuwen­dun­gen wie der pro­fane Kauf ein­er Waschmas­chine, die Finanzierung eines Ur­laubs oder ohne Rech­nung gelieferte Steine für die heimis­che Gar­ten­ter­rasse. Dadurch befür­wortet der Mitar­beit­er des Unterneh­mens B das Ange­bot des Unternehmens A und drückt wom­öglich noch ein Auge bei den Kon­di­tio­nen des Ange­bots zu.

Das geschilderte Szenario ist nahezu all­täglich und wird von den Tätern nicht mal mit einem Unrechts­be­wusst­sein verknüpft, son­dern gilt als ein unverzicht­bares Instru­ment im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf.

Höchst inter­es­sant ist dabei das sta­tis­tisch am weitesten ver­bre­it­ete Täter­pro­fil: Der „typ­is­che“ Täter ist rel­a­tiv angepasst, ver­fügt über grund­sät­zlich legale Wertvorstel­lun­gen, lebt in legalen und unauf­fäl­li­gen Sozial­struk­turen und engagiert sich beru­flich über das Nor­male hin­aus. Stich­punk­tar­tig zusam­menge­fasst, kennze­ich­nen den typ­is­che Täter in Deutsch­land fol­gende Eigenschaften:

  • männlich
  • deutsch
  • nicht vorbe­straft
  • keine Schulden (zumin­d­est keine, die bekan­nt sind)
  • ver­fügt über gewisse Macht- und Entschei­dungs­befug­nisse in der Organisation
  • ist ehrgeizig, investiert viel Zeit in den Beruf
  • ver­fügt häu­fig über hohe Fachkom­pe­tenz, ist ein Auf­steiger­typ, häu­fig über den zweit­en Bil­dungsweg, absolviert viele Aus- u. Fortbildungen
  • Vor­standsmit­glieder
  • ist mit den Struk­turen der Organ­i­sa­tion über viele Jahre vertraut
  • legt Wert auf gesellschaftlichen Sta­tus und hohen Lebensstandard
  • hat keine ille­galen Wertvorstellungen
  • ver­ste­ht sich nicht als krim­inell handelnd
  • ver­fügt über aus­geprägte Recht­fer­ti­gungs- und Neutralisierungstechniken

Der typ­is­che Täter ist also in kein­ster Weise durch unsere Vorurteile als klas­sis­che „Betrüger­per­sön­lichkeit“ zu iden­ti­fizieren, son­dern entspricht ten­den­ziell eher unserem Bild des vor­bildlichen Mitarbeiters.

Kor­rup­tion ist nicht neu, sie war immer schon da Die Kor­rup­tion, die heute ans Licht kommt, ist die, die sich gestern und vorgestern ereignet hat. Kor­rup­tion ist zu einem Bestandteil unseres Wirtschaftssys­tems gewor­den, dessen erstes und ober­stes Ziel Prof­it­max­imierung ist. Wer um jeden Preis einen möglichst hohen Gewinn erzie­len muss, kann mitunter der Ver­suchung der Kor­rup­tion erliegen. Jed­er Man­ag­er, Leit­er, Einkäufer, Verkäufer etc., der seine Hand­lun­gen damit recht­fer­tigt, dass seine Konkur­renten eben­so vorge­hen, dass er anders im Wet­tbe­werb nicht beste­hen kann, bestätigt diese Erken­nt­nis. Zahlre­iche Experten und Stu­di­en machen deut­lich, dass Schmiergeldzahlun­gen zur aggres­siv­en Durch­set­zung von Unternehmensin­ter­essen ein fes­ter Bestandteil der Geschäft­spoli­tik sind und im Lage­bild Kor­rup­tion des Bun­deskrim­i­nalamtes (BKA) (Aus­gabe 2003, S. 49) wird fest­gestellt, dass Bestechung ein „mehr oder weniger pro­fes­sionell genutztes Mit­tel“ des nor­malen Geschäfts­ge­barens sei.

Prob­lem­feld Geset­zge­bung: Was legal ist, kann nicht kor­rupt sein Die Kor­rup­tion­swahrnehmung in Deutsch­land ist auch dadurch getrübt, dass es hierzu­lande kaum Antiko­r­rup­tion­s­ge­set­ze gibt, denn was nicht ille­gal ist, kann logis­cher­weise nicht als kor­rupt beze­ich­net wer­den. Trag­bar ist sog­ar die Behaup­tung, dass Teile der Geset­zes­lage selb­st kor­rup­tions­fördernd waren und zum Teil noch sind. So war es früher der Fall, dass bes­timmte Bestechungs­gelder sog­ar als Kosten steuer­lich abzugs­fähig waren. Dieses fre­undliche Kli­ma war der per­fek­te Dünger für die Überzeu­gung, Kor­rup­tion sei ein pro­bates und angemessenes Mit­tel im wirtschaftlichen Wettbewerb.

Durch die öffentliche Sen­si­bil­isierung sind poli­tisch in den let­zten Jahren viele Schritte zur Kor­rup­tion­spräven­tion und ‑bekämp­fung vol­l­zo­gen wor­den, z. B. durch die Verbesserung der Geset­zes­lage. So sind Bestechungs­gelder nicht mehr nur nicht steuer­lich abzugs­fähig, son­dern mit­tler­weile völ­lig ille­gal. Die Bestechung aus­ländis­ch­er Staats­be­di­en­steter ist heute eben­so straf­bar wie die inländis­ch­er, was dem Grunde nach auch vorher schon iden­tisch war, nur vom Geset­zge­ber zugun­sten der Auf­tragslage inländis­ch­er Unternehmen eine lange Zeit nicht straf­be­wehrt war. Nicht nur gegenüber staatlichen Stellen, son­dern auch im Ver­hält­nis zu anderen Unternehmen gibt es heute den Straftatbe­stand der Bestechung als Offizialde­likt. Schon allein die Gewährung und Annahme von Vorteilen ist straf­bar, auch wenn die Vere­in­barung ein­er Gegen­leis­tung nicht nach­weis­bar ist. Seit dem 01.01.2006 gibt es das Infor­ma­tions­frei­heits­ge­setz (IFG), das den Bürg­ern und den Medi­en neue Möglichkeit­en zur Aufdeck­ung von Kor­rup­tion an die Hand gibt.

Der Bewusst­sein­swan­del des Geset­zge­bers ist aber lei­der noch längst nicht zu allen in der Wirtschaft Täti­gen durchge­drun­gen. Was eben­falls nicht ver­wun­dert, weil noch viele Maß­nah­men auf sich warten lassen. So ist die Bestechung von Ange­höri­gen der freien Berufe (Architek­ten, Anwälte, Jour­nal­is­ten) weit­er­hin nicht straf­bedro­ht, die von Abge­ord­neten ist es nur für einen allzu eng umschriebe­nen Tatbe­stand, die Ein­rich­tung eines – immer wieder geforderten – Zen­tral­reg­is­ters kor­rup­tiv tätiger Unternehmen wird weit­er verzögert. Zu ein­er Regelung, die Unternehmen und nicht nur Per­so­n­en straf­bar macht, wie es in den USA oder Frankre­ich geregelt ist, kon­nte sich der deutsche Geset­zge­ber bish­er nicht entschließen.

Zehn von sechzehn Bun­deslän­dern haben Schw­er­punk­t­staat­san­waltschaften zur Ver­fol­gung von Kor­rup­tions­de­lik­ten ein­gerichtet. Der Erfolg ist eine deut­lich gestiegene Aufk­lärungsquote. Andere Län­der hal­ten einen solchen Schritt jedoch nach wie vor für verzicht­bar. So gibt es in Bay­ern und Hes­sen – und hier man­gelt es sich­er auch nicht an Kor­rup­tion – solche Schw­er­punk­t­dez­er­nate nur für den Bere­ich der Städte.

Die Erfahrung zeigt, dass Kor­rup­tion über­all da ent­deckt wird, wo man begin­nt nachzu­forschen. Kor­rup­tion ist somit ein „Kon­trollde­likt“.

Pos­i­tive geset­zliche Entwick­lung: Wer schmiert, arbeit­et umson­stBei Kor­rup­tion­ssachver­hal­ten beste­ht die Beson­der­heit, dass auf der Seite des Zuwen­dungs­ge­bers, also des Bestech­ers, im Regelfall zwei Per­so­n­en beteiligt sind: Die natür­liche Per­son des Täters, der das Kor­rup­tions­de­likt, also die Straftat, bege­ht; daneben aber auch die juris­tis­che Per­son, näm­lich die Fir­ma (des Täters), die den aus der Unrechtsvereinba­rung mit dem Bestoch­enen resul­tieren­den Auf­trag erhält. Der aus der Straftat (Kor­ruptionsdelikt) erlangte Vorteil (Auf­trag) befind­et sich also nicht beim strafrechtlich ver­ant­wortlichen Täter, son­dern bei einem Drit­ten. Fol­glich muss sich die Abschöp­fungsmaßnahme, also die Rück­führung des Schadens, gegen diesen Drit­ten, im Regelfall also gegen die Fir­ma des Täters, richt­en. Die Anspruchs­grund­lage hier­für find­et sich in § 73 Abs. 3 StGB:

„Hat der Täter oder Teil­nehmer für einen an­deren gehan­delt und hat dadurch dieser etwas erlangt, so richtet sich die Anord­nung des Ver­falls … gegen ihn.“

Der Wort­laut dieser Regelung erin­nert an die Vertreter­vorschrift aus dem Bürg­er­lichen Geset­zbuch. Es ist immer dann unproblema­tisch, wenn der Täter der Vertreter der be­günstigten Fir­ma ist (z. B. Geschäfts­führer ein­er GmbH). Was ist aber, wenn ein nicht vertre­tungs­befugter Täter durch Kor­rup­tion oder andere Straftat­en das Ver­mö­gen seines Unternehmens/Arbeitgebers mehrt (ein lei­tender Angestell­ter der X sorgt dafür, dass sich eine Bun­des­be­hörde bei der Bestel­lung neuer Dienst­wa­gen für X entschei­det; ein Buch­hal­ter bessert aus Angst um den Ver­lust seines Arbeit­splatzes ohne Wis­sen der Fir­men­leitung die des­o­late wirtschaftliche Sit­u­a­tion sein­er Fir­ma auf, indem er beim Finan­zamt durch Vor­lage gefälschter Rech­nungen Vors­teuer­erstat­tun­gen erschwindelt usw.). Hier stellt sich die Frage nach dem Umfang des Anwen­dungs­bere­ichs von § 73 Abs. 3 StGB. Bedeutet die For­mulierung „für einen anderen“, dass der Täter ausschließ­lich für den Drit­ten tätig gewor­den sein muss oder darf er auch autonome Ziele ver­fol­gen? Muss der Dritte von der Straftat zu seinen Gun­sten pos­i­tive Ken­nt­nis haben oder haf­tet er auch bei Gut­gläu­bigkeit? Ist aus dem Wörtchen „dadurch“ zu lesen, dass zwis­chen Straftat des Täters und Bereicherungsein­tritt beim Drit­ten ein Unmittelbarkeitszu­sammenhang beste­hen muss?

All diese Fra­gen hat der Bundesgerichts­hof in ein­er für das Abschöp­fungsrecht bahn­brechen­den Entschei­dung beantwor­tet. Daraus ergibt sich, dass neben dem Zu­wendungsempfänger ins­beson­dere auch der Zuwen­dungs­ge­ber Gefahr läuft, die gesamte durch Kor­rup­tion erlangte Bruttoauftrags­summe zu ver­lieren. Damit lässt sich auf der Grund­lage des Abschöp­fungsrechts die Ansage for­mulieren: „Wer schmiert, arbeit­et umsonst!“

Die kon­se­quente Abschöp­fung der durch Bestechung und Vorteils­gewährung er­langten Auf­tragssum­men, egal ob bei der Ein-Mann-GmbH oder beim Weltkonz­ern, stellt also auch für die Fir­ma des Zuwen­dungsgebers ein hohes wirtschaftlich­es Ri­siko dar, wodurch sich hof­fentlich pos­i­tive Präven­tion­sef­fek­te bere­its auf­seit­en von Zu­wendungsgebern entwickeln.

Kor­rup­tion­spräven­tion: Erhöhung der Ent­deck­ungswahrschein­lichkeit Die beste Präven­tion­s­maß­nahme stellt die Erhöhung der Ent­deck­ungswahrschein­lichkeit dar, dies gilt ins­beson­dere bei kalkulier­baren Delik­ten, wie Wirtschaftsstraftat­en und Kor­ruption. Grund­lage hier­für sind die Verbes­serung und Sen­si­bil­isierung des Umgangs mit Infor­ma­tio­nen und Ver­fahren, die Einfüh­rung und/oder bessere Ver­net­zung der Kon­trollinstanzen und die effiziente Organ­i­sa­tion von Aufklärungsmaßnahmen.

Ein­satz von Revi­soren Zur Korruptionsprä­vention emp­fiehlt sich der Ein­satz von exter­nen und inter­nen Revisoren.

Externe Revi­soren kön­nen dabei durch ihre spezial­isierten Prü­fun­gen Verdachts­momente ent­deck­en und aufar­beit­en und unter­stützen die Geschäfts­führung, Inhab­er und/oder die zuständi­gen Kon­troll­stellen beim Ver­dacht auf delik­tis­che Hand­lun­gen bei den anzuwen­den­den Ver­fahren zur Auf­deckung und Anzeige von Korruptionsfällen.

Die aktive Rolle bei der Präven­tion fällt inter­nen Revi­soren zu, die mit Maß­nah­men wie z. B. dem Auf­stellen von Ethi­knor­men und der Ein­führung von Ver­fahren zur Anzei­ge von betrieblichen Zweifels­fällen (Alarm­system) die Kor­rup­tionsver­hü­tung steuern.

Drei Prozess­mod­ule zum Umgang mit Kor­ruption Um höch­st­mögliche Effizienz bei der Präven­tion, Aufdeck­ung und Aufarbei­tung von Kor­rup­tions­de­lik­ten zu erre­ichen, Prozesse. Nach­fol­gend sind einige Maßnah­men beispiel­haft aufgelistet.

Zur Präven­tion gilt es einen ethis­chen Kodex aufzustellen, im Rah­men dessen das Grund­ver­ständ­nis der Beruf­sausübung auch im Zusam­men­hang mit dolosen Hand­lun­gen aufgeze­ich­net wird. Einkauf­s­richtlin­ien soll­ten klaren Vor­gaben fol­gen. Neue Mitar­beiter oder Mitar­beit­er, die in Schlüsselposi­tionen ver­set­zt wer­den, soll­ten einem Inte­gritätstest unter­zo­gen wer­den. Poten­zielle Liefer­an­ten soll­ten im Vor­feld Präventiv­kontrollen unter­zo­gen wer­den. Einkaufsent­scheidungen soll­ten nicht in ein­er Hand lie­gen, son­dern z. B. einem Vier-Augen-Prinzip folgen.

Zur Aufdeck­ung eines Kor­rup­tions­falls soll­ten Hin­weis­ge­ber­sys­teme externe und interne Hin­weise ent­ge­gen­nehmen, be­arbeiten und auf Glaub­würdigkeit prüfen. Einkauf­sprozesse soll­ten regelmäßig auf Ein­hal­tung geprüft und Ver­stöße dage­gen iden­ti­fiziert wer­den. Prozesse und Verträge soll­ten regelmäßig durch unab­hängige und objek­tive externe Revi­soren geprüft wer­den, um Vor­fälle und Risiken in Prozessen zu iden­ti­fizieren. Bei konkretem Ver­dacht sind Son­der­prü­fun­gen durchzuführen.

Bei Aufdeck­ung eines Kor­rup­tions­falls emp­fiehlt sich eine struk­turi­erte Aufarbei­tung. Ein Krisen­man­age­ment sollte dabei sys­tem­a­tisch die Krisen­si­t­u­a­tion untersu­chen und durch Son­der­prü­fun­gen die ge­nauen Ursachen und den Ablauf der dolosen Hand­lun­gen ermit­teln. Im Anschluss gilt es angemessene Sank­tio­nen aufzustellen, z. B. die Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es bis hin zur Ini­ti­ierung ein­er strafrechtlichen Ver­fol­gung. In ein­er Nach­gangs­analyse sollte der Vor­fall genau doku­men­tiert wer­den und neue Erken­nt­nisse soll­ten in den Präven­tion­sprozess aufgenom­men werden.

Prax­is­beispiel: Unterschlagung/Bestechung in Indus­triebe­trieb Die Aus­gangssi­t­u­a­tion. Durch einen inter­nen Hin­weis wurde in einem Indus­trie­un­ternehmen die Unternehmensleitung über einen Betrugsver­dacht im Bere­ich des Einkaufs informiert. Der externe Revi­sior wurde durch die Geschäft­sleitung beauf­tragt, ermit­tel­nd tätig zu wer­den. Der Auf­trag umfasste die schnelle Sich­er­stel­lung des notwendi­gen Beweis­ma­te­ri­als, das den Vor­wurf der Unter­schla­gung bele­gen sollte.

Infra­struk­tur des Auf­tragge­bers. Der Einkauf wurde zen­tral über ein einge­führtes ERP-Sys­tem abgewick­elt. Es waren zwei eigen­ständi­ge und getren­nt arbei­t­ende Abteilun­gen mit der Beschaf­fung beschäftigt. Die Zugriffs­beschränkun­gen und die getren­nten Ver­ant­wor­tun­gen soll­ten gemein­same Aktio­nen zum Schaden des Unternehmens vor­beu­gen und verhindern.

Auf­gaben­stel­lung. Auf­grund der großen Menge der zu über­prüfend­en Dat­en und Doku­mente, musste eine meth­o­d­en- und toolgestützte Date­n­analyse durchge­führt wer­den. Es muss­te ein Abgle­ich der Geschäftsvor­fälle erstellt wer­den, in dem die Liefer­an­ten­verträge mit den entsprechen­den Liefer­un­gen, den Ein­gangsrech­nun­gen und den zen­tralen gespe­icherten Liefer­kon­di­tio­nen gegenübergestellt werden.

Vorge­hensweise. Vor­bere­i­t­end wur­den die Geschäftsvor­fälle (Bestel­lun­gen, Liefer­scheine, Rech­nun­gen) in eine gemein­same Daten­bank zusam­menge­führt. Diese Dat­en wur­den anschließend mit der zen­tralen Auf­trags- und Kon­di­tions­datei durch Ver­wen­dung eines Analy­se­tools miteinan­der abgeglichen, um festzustellen, inwieweit Abwe­ichun­gen zwis­chen den vere­in­barten und den in den Bele­gen aus­gewiese­nen Kon­di­tions- und Zahlungs­be­din­gun­gen nachzuweisen waren. Wegen der Größe des Datenbe­standes und um möglichst schnell zu greif­baren Ergeb­nis­sen zu kom­men, wur­den nur das Stich­proben­ver­fahren zur ersten Prü­fung ausgewählt.

Fest­stel­lun­gen. Weil die Ver­ant­wortlichkeit­en in unter­schiedlichen Abteilun­gen getren­nt waren, fehlte es an einem über­greifend­en Wis­sen und damit auch an ein­er über­greifend­en Kon­trolle. Das Wis­sen über die Kon­di­tionsvere­in­barun­gen war nicht aus­re­ichend vorhan­den, sodass es in den Abteilun­gen möglich war, das zen­trale Kon­di­tion­ssys­tem für ihre eige­nen Zwecke unbe­merkt zu miss­brauchen, z. B. aus­gewählten Liefer­an­ten vorteil­haftere Kon­di­tio­nen einzuräu­men und daran selb­st zu partizipieren.

Ergeb­nis. In diesem Fall war es möglich, durch den Ein­satz entsprechen­der Analy­se­tools inner­halb von zwei Monat­en eine Verun­treu­ung in Höhe von ca. 130.000,00 Euro zu erken­nen, beweiskräftig zu doku­men­tieren und die Grund­lage zu schaf­fen, dass ein großer Teil dieser Gel­der wieder zurück­ge­holt wer­den konnte.

Resümee Der geschilderte Prax­is­fall links zeigt, wie wichtig es ist, mith­il­fe eines struk­turierten und method­is­chen Vorge­hens un­ter Zuhil­fe­nahme geeigneter Prüfw­erkzeuge wirtschaft­skrim­inelle und dolose Hand­lungen aufzudeck­en. Da häu­fig zeitlich­er Verzug beste­ht und der Rah­men der Ermitt­lung vor Ort zeitlich auf ein enges Maß be­grenzt ist, garantiert nur ein qual­i­fiziertes und sys­tem­a­tis­ches Vorge­hen ein zweckmä­ßiges und erfol­gre­ich­es Han­deln der Betroffenen.

Die funk­tion­ssich­er geglaubte Verarbei­tung von Geschäfts­dat­en kann immer wieder miss­braucht und für Unregelmäßigkeit­en und per­sön­liche Bere­icherung und Betrug über län­gere Zeit genutzt wer­den. Größten­teils wer­den die über­wiegende Anzahl der Fälle durch Zufälle, Neid, bet­ro­gene Betrü­ger und das Zusam­men­tr­e­f­fen „unglück­licher“ Umstände bekannt.

Im Fall ein­er inter­nen Aufdeck­ung kom­men dolose Vorgänge oft­mals nicht an die Öffentlichkeit, was zu ein­er mas­siv­en Unter­schätzung ihrer Häu­figkeit führt.

Viele ver­ant­wortliche Entscheidungsträ­ger wiegen sich bei der Durch­führung von Bestechun­gen in der trügerischen Sicher­heit, dass beste­hende Rechtss­chutz- und D&O‑Versicherungen einen vollumfäng­lichen Schutz leis­ten wür­den. Zwar mögen in gewis­sen Fällen Schaden­er­satzansprüche und die Kosten der Rechts­ber­atung versi­cherungsseitig abgedeckt sein, für Geldstra­fen beste­ht allerd­ings kein Schutz. Fern­er wird der Ver­sicher­er keines­falls eine Ersatz­person stellen, die für den Ver­ant­wortlichen die Haft­strafe antritt, sollte diese ver­hängt werden.

Lei­der ist es vie­len Ver­ant­wortlichen noch nicht bekan­nt, dass es sowohl vor­beu­gende als auch nachvol­lziehbare Meth­o­d­en und Anwen­dun­gen gibt, mit deren Hil­fe sowohl eine Ver­mei­dung als auch eine Aufk­lärung erre­icht wer­den kann. Sehr häu­fig blenden die Ver­ant­wortlichen das The­ma auch aus, da sie irriger­weise der Annahme sind, von Kor­rup­tion nicht berührt zu sein. Die Prax­is wider­legt diese Annahme in allen Punk­ten. Kein Unternehmen ist hier­für zu klein oder sicher.
Tipps und Hin­weise zur Korruptionsprävention

  • Prak­tizieren Sie ein­heitliche Regeln zur Gewährung und Annahme von Geschenken, Bewirtun­gen und son­sti­gen Einladungen
  • Führen Sie klare Ver­fahren ein, wie mit ersten Hin­weisen oder Beweisen in Bezug auf Kor­rup­tion umge­gan­gen wird
  • Nutzen Sie klar definierte, trans­par­ente Kri­te­rien und Ver­fahren bei Rekru­tierung, Stel­lenbe­set­zung und Beförderung
  • Verpflicht­en Sie alle Mitar­beit­er dazu, Bestechungsver­suche sofort anzuzeigen
  • Bei Beschäf­ti­gung von nah­este­hen­den Per­so­n­en (z. B. Ange­hörige, Lebenspart­ner) soll­ten Inter­essenkon­flik­te jeglich­er Art aus­geschlossen wer­den können
  • Stellen Sie Regeln für Spenden und Spon­sor­ing auf, die eine Ein­flussnahme auf Entschei­dun­gen ausschließen
  • Beschäftigte soll­ten in der Regel durchge­hend nicht länger als fünf Jahre in kor­rup­tion­s­ge­fährde­ten Ressorts einge­set­zt werden
  • Die Entschei­dung über die Ver­gabe von Aufträ­gen ist von min­destens zwei Per­so­n­en zu treffen
  • Nutzen Sie Früh­warn­sys­teme, z. B. Kon­trolle und Über­prü­fung von Zahlungsflüssen
  • Lassen Sie sich im Beschaf­fungs­man­age­ment von neu­tralen und exter­nen Dien­stleis­tern unterstützen
  • Kon­trol­lieren Sie die Notwendigkeit und Angemessen­heit von Anschlus­saufträ­gen (z. B. Nachträge zu beste­hen­den Verträgen)
  • Führen Sie regelmäßig Ver­tragsprü­fun­gen in allen Einkaufs­bere­ichen durch, auch nachträglich (Con­tract Management)

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