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9,19 Euro ab 2019 – schon jetzt sollten Betriebe darauf reagieren

Der Mindestlohn steigt. Firmenchefs sollten rasch prüfen, wie sich das auf die Zahl der Arbeitsstunden von Minijobbern, Einsatzpläne und Kalkulationen auswirkt. Sonst drohen Bußgelder und Strafverfahren.

Text: Frank Wiercks


Bald also 9,19 Euro pro Stunde. Die Min­dest­lohnkom­mis­sion hat emp­fohlen, dass die geset­zliche Loh­nun­ter­gren­ze zum 1. Jan­u­ar 2019 auf diesen Satz und zum 1. Jan­u­ar 2020 weit­er auf 9,35 Euro steigen soll. Derzeit liegt sie bei 8,84 Euro. Die Erhöhung scheint ein kräftiger Schluck aus der Pulle, reicht aber selb­st manchem Arbeit­ge­ber nicht. Der mei­n­ungsstarke Trige­ma-Chef Wolf­gang Grupp etwa, der stets betont, dass seine Tex­tilien auf der Schwäbis­chen Alb zusam­men­genäht wer­den, nen­nt es eine Schande für Unternehmer, dass über­haupt in Deutsch­land ein Min­dest­lohn einge­führt wer­den musste. Fir­men soll­ten angemessene Löhne zahlen, von denen Mitar­beit­er in der Region ihren Leben­sun­ter­halt finanzieren kön­nten – bei ihm gebe es min­destens 9,80 Euro pro Stunde und bei guten Leis­tun­gen bere­its nach eini­gen Wochen eine Lohn­er­höhung. Nach Berech­nun­gen der Bun­desregierung müsste ein Ger­ingver­di­ener sog­ar 12,63 Euro pro Stunde ver­di­enen, um im Alter nicht von Grund­sicherung abhängig zu sein. Auf diesem Niveau dürfte der geset­zliche Min­dest­lohn jedoch kaum so schnell lan­den. Tat­säch­lich läge er hierzu­lande mit 9,19 beziehungsweise 9,35 Euro knapp hin­ter der europäis­chen Spitzen­gruppe mit Län­dern wie Lux­em­burg, Frankre­ich und Irland, aber vor Großbri­tan­nien und gut dop­pelt so hoch wie in Spanien.

Bei Minijobbern rechtzeitig die Stundenzahl anpassen

Die meis­ten Unternehmer dürften aber – im Gegen­satz zu Wolf­gang Grupp – weniger über den grund­sät­zlichen Sinn des geset­zlichen Min­dest­lohns philoso­phieren, als sich mit den konkreten Auswirkun­gen auf ihren Betrieb zu beschäftigten. Jede Erhöhung macht bei den betrof­fe­nen Unternehmen die Neukalku­la­tion der Preise notwendig und eventuell Preis­er­höhun­gen unumgänglich. Eben­so wichtig: Für Mini­job­ber muss der Fir­menchef rechtzeit­ig vor Inkraft­treten der neuen Loh­nun­ter­gren­ze die Stun­den­zahl anpassen, weil sie kün­ftig mit weniger Arbeit­szeit die 450-Euro-Gren­ze erre­ichen. Diese Gren­ze aber darf rein rech­ner­isch um keinen Cent über­schrit­ten wer­den, da son­st alle Vorteile eines Mini­jobs ent­fall­en. Deshalb sollen entsprechende Verträge möglichst bald mit dem Steuer­ber­ater geprüft und Ein­satz­pläne angepasst werden.

Manche Prämien zählen bei der Mindestlohn-Berechnung

In so einem Gespräch kann der Fir­menchef mit dem Steuer­ber­ater auch gle­ich klären, ob neuere Urteile zum Min­dest­lohn sich in seinem Betrieb darauf auswirken, wie die Ein­hal­tung des geset­zlichen Min­dest­lohns berech­net wird. So sind beispiel­sweise bes­timmte Prämien min­dest­lohn­wirk­sam, dür­fen also ein­be­zo­gen wer­den, wenn die Höhe des Stun­den­lohns ermit­telt wird. Das gilt etwa für eine „Immer-da-Prämie“, mit der der Unternehmer hon­ori­ert, dass ein Mitar­beit­er sich weniger oft krank meldet. Oder für eine Son­derzahlung, die fäl­lig wird, wenn der Beschäftigte seinen Arbeit­splatz beson­ders sauber hält. Fir­menchefs kön­nten also zusam­men mit dem Steuer­ber­ater über­legen, welche Prämien gle­ichzeit­ig Anreize für Arbeit­nehmer schaf­fen und durch ihre Zahlung helfen, den Min­dest­lohnanspruch zu erfüllen. Das kann laut Bun­de­sar­beits­gericht auch eine Treueprämie sein.

Entgeltfortzahlung immer mit Steuerberater ausrechnen

Ander­er­seits müssen Unternehmer daran denken, dass der geset­zliche Min­dest­lohn eine Unter­gren­ze definiert, die grund­säch­lich einzuhal­ten ist – auch in Son­der­si­t­u­a­tio­nen. So hat das Bun­de­sar­beits­gericht etwa entsch­ieden, dass sich die Höhe der Ent­gelt­fortzahlung an Feierta­gen – falls kein höher­er tar­i­flich­er oder ver­traglich­er Vergü­tungsanspruch beste­ht – nach dem Min­dest­lohnge­setz richtet. Sieht ein Tar­ifver­trag einen Nacht­arbeits­zuschlag vor, der auf den tat­säch­lichen Stun­den­ver­di­enst zu zahlen ist, ist auch dieser min­destens aus dem geset­zlichen Min­dest­lohn zu berech­nen. Auch wichtig: Wer die Beschäftigten durch leis­tung­sori­en­tierte Ent­loh­nung gemäß ein­er Akko­rd­staffel bezahlt, muss mit Steuer­ber­ater oder Anwalt gut klären, welche Aus­gangswerte zugrunde gelegt wer­den, um nicht gegen das Min­dest­lohnge­setz zu ver­stoßen – und seine aktuellen Sätze unter diesem Aspekt eventuell zum 1. Jan­u­ar 2019 anpassen. Bei Ver­stößen wer­den natür­lich weit­er­hin saftige Bußgelder und Nachzahlun­gen fäl­lig, sobald eine Betrieb­sprü­fung oder eine Razz­ia des Zolls respek­tive der Finanzkon­trolle Schwarzarbeit (FKS) entsprechende Hin­weise zutage fördert.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürnberg

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