Mail-Etikette: stets höflich und freundlich
Immer mehr Inhaber kleiner und mittlerer Firmen entwickeln mit ihren Mitarbeitern eine E‑Mail- und Mobility-Etikette. Ein sehr sinnvoller Schritt, urteilen IT-Experten.
Text: Monika Hofmann
Digitale Pioniere können Traditionalisten sein. Erst verkaufte Petra Behounek in ihrem Onlineshop www.drachenstube.de anspruchsvolle Spielwaren, Wohntextilien, Geschenkartikel und Kinderbücher, dann eröffnete sie einen Laden in Ebersberg bei München. „So wollen wir Kunden noch umfassender beraten und betreuen, was am besten im klassischen Laden funktioniert“, sagt die Unternehmerin. Die Kanäle ergänzen sich. Über den Onlineshop, ihr digitales Werbe- und Aushängeschild, spricht sie neue Kunden an, das Geschäft eignet sich eher zur Beratung: „Zudem kommen viele Leute, um sich inspirieren zu lassen.“
Viele Mails klingen unhöflich
Der alten Schule fühlt Behounek sich auch bei der Kommunikation verpflichtet. Für sie stehen Höflichkeit und Freundlichkeit im Kundenkontakt an erster Stelle, im direkten Gespräch wie beim Mailen, Chatten oder Twittern. Sie lässt in elektronischen Nachrichten jene Sorgfalt walten, die sie auch von anderen erwartet – und wird neuerdings häufig enttäuscht. „Viele Menschen achten nicht mehr darauf, ob der Inhalt für den Em-pfänger verständlich ist“, bedauert sie. Einige Mails muss sie mehrfach lesen, weil auf Punkt und Komma verzichtet wird oder die Regeln zur Groß- und Kleinschreibung kaum Beachtung finden. „Andere kommen ohne Anrede, es heißt etwa nur ‚Wo bleibt die Ware?‘“ Dann entschuldigt Behounek sich für die Verspätung, antwortet höflich und schluckt ihren Ärger über den unfreundlichen Ton herunter. Für ihr Unternehmen hat sie eine klare Etikette zum Schreiben sowie Verschicken von Mails vorgegeben: „Nie ohne angemessene Anrede, nie ohne sie vorab noch mal gelesen zu haben, nie ohne sie auf Fehler zu prüfen – das sind unsere Grundsätze“, betont die Firmenchefin. „Wir behandeln den Empfänger mit derselben Achtsamkeit, die wir für uns erwarten.“
Geringe Sorgfalt ist verbreitet
Den Trend zu weniger Sorgfalt bestätigt Jürgen Plate, Professor für Elektrotechnik und Informationstechnik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Vor allem Empfänger, Anliegen und Anlass scheinen zu beeinflussen, wie genau und höflich formuliert wird. „Eine informelle Mail zwischen Kollegen ist eher für fehlende Sorgfalt anfällig als die von Vertrieblern an ihre Kunden“, hat Plate beobachtet. Die Verbreitung von Mobilgeräten, mit denen jederzeit eine Nachricht verfasst werden kann, hat auch Einfluss. Wird in einer turbulenten Umgebung hektisch auf den Touchscreen getippt, bleibt der gute Ton ebenso rasch auf der Stecke wie die Rechtschreibung. Viele Absender verwenden etwa nur Kleinbuchstaben, da das Zeit spare. Bedenklich findet Plate die Haltung dahinter: „Um selbst effizient zu sein, mutet man den anderen mehr Zeitbedarf beim Lesen zu.“ Zudem sickern Fehler aus dem angelsächsischen Sprachgebrauch ein. Aus Netzstecker wird etwa „Netz Stecker“. Beim Chatten kommt hinzu, dass nur kurze Texte möglich sind. „Da schlägt der Abkürzungsfimmel knallhart zu, manchmal bis zur Unkenntlichkeit oder bis zu einer neuen Art von Geheimschrift“, weiß Plate.
So werden Aufträge gefährdet
Bei geschäftlicher Korrespondenz können Unachtsamkeiten und Marotten gravierende Folgen haben. „Schlampige Mails führen rasch zu einem generellen Zweifel an der Kompetenz des Gegenübers – und damit gehen eventuell Abschlüsse den Bach runter“, warnt der Experte. Er empfiehlt, eine Mail-etikette im Unternehmen einzuführen. Die sollte nicht nur Rechtschreibung oder Höflichkeit beim Verfassen einer Mail betreffen, sondern generell den Umgang mit elektronischen Nachrichten, sagt Drachenstube-Inhaberin Behounek: „Bei Besprechungen mit Kunden, Mitarbeitern oder Geschäftspartnern surfen wir nicht im Internet und tippen keine Botschaften ins Handy, sondern hören zu.“
Auch für Mails an die eigenen Mitarbeiter sollten klare Regeln und Einschränkungen gelten. Erhalten die nämlich nachts oder am Wochenende eine Nachricht, baut das unnötigen Druck auf. Sie fühlen sich verpflichtet, sofort zu reagieren, und kommen so nicht mehr zur Erholung. Dabei stellt sich überdies die Frage, ob die rasche Antwort über Nacht auch immer die richtige ist. Der Firmenchef kann arbeiten, wann es ihm am besten passt. Dabei produzierte Mails sollte er aber am Morgen des nächsten Werktags senden und nur in extrem dringenden Fällen eine Ausnahme machen. Sparsam genutzt werden sollte auch die „CC“-Funktion, die andere über eine Mail informiert. Das verursacht oft sinnlosen Mehraufwand, weil eigentlich nicht Betroffene die Nachricht lesen müssen. Wichtig ist vor allem, Mails mit einer eindeutigen Betreffzeile zu versehen und so klar zu formulieren, dass der Empfänger sie versteht.
Eine klare Mail-Etikette hilft
Sorgfalt im Umgang mit Mails hinterlässt einen kompetenten Eindruck, erlaubt ein zeitsparendes, weil nachvollziehbares Informationsmanagement und hilft, Kunden zu halten. Wie schnell sich dagegen eine unbedachte Mail zum Bumerang entwickelt, erlebte Thomas Huber. Der In-haber eines Elektrogeschäfts in der Nähe von Nürnberg, der eigentlich anders heißt, hatte einem Interessenten ein Angebot zur Verkabelung einer Wohnanlage gemailt: „Es ging um einen großen Auftrag, den wir gerne übernommen hätten.“ Auf Bitten des Noch-nicht-Kunden schickte er eine zweite, äußerst knappe Kalkulation. Als der Anfrager in einer weiteren Mail darlegte, dass ihm der Preis immer noch nicht passe, platzte Hubers Vertriebsmitarbeiter der Kragen – und er hämmerte umgehend seine Wut in die Tastatur. Man sei kein Billigheimer, der, wie der Anfrager selbst, mit Dumpingpreisen arbeite, sondern ein Anbieter zuverlässiger Qualitätsarbeit … Danach war erst mal Sendepause. Es kostete Firmenchef Huber viele Stunden am Telefon und eine außerordentliche Sensibilität, die Wogen zu glätten. „Aber ich habe es geschafft, wir bekamen den Auftrag zu nachgebesserten Konditionen“, freut sich der Unternehmer. Was er daraus gelernt hat: Mit allen Mitarbeitern entwickelte er eine Mail-Etikette. Regel Nummer eins: Schreibe nie im Affekt zurück, sondern lasse erst den Ärger abklingen – und sende dann eine wohlüberlegte Antwort!
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 01/2017