Work-Life-Balance: steuerlich eine runde Sache
Um die Beschäftigten fit zu halten und den Ruf des Unternehmens aufzupolieren, setzen viele Unternehmer auf betriebliche Gesundheitsförderung. Werden geschickt externe Angebote genutzt sowie Vorgaben des Fiskus befolgt, kostet das weniger als gedacht.
Text: Pia Weber
Bei der Hoppen Innenausbau GmbH in Mönchengladbach wissen die Mitarbeiter stets genau, was in den nächsten Tagen zu tun ist: Eine große Pinnwand in der Produktionshalle zeigt alle aktuellen Aufträge, die von der Gestaltung des Konferenzraums in einem Bürogebäude bis zum Ausbau des Wohnbereichs in einem Privathaus reichen – und die damit verbundenen Aufgaben. „So sieht jeder, was erledigt werden muss, und kann sich dort einbringen, wo seine Stärken liegen“, erklärt Ralf Hoppen, der den Betrieb mit seiner Frau Karin und seinem Cousin Peter leitet, diese ungewöhnliche Art der Arbeitsorganisation. „Dadurch lässt sich unnötiger Stress verhindern, weil jeder Mitarbeiter entsprechend seinen Interessen und Fähigkeiten eingeteilt werden kann.“
So eine in vielen Unternehmen undenkbare Transparenz gehört zu einem durchdachten System des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Firmenchef Hoppen will, dass seine Mitarbeiter gern zu ihm kommen, weil sie hier mehr Erfüllung finden als in einer anonymen, streng durchgetakteten Fertigung im Fließbandformat.
In Gesundheitskurse investieren
Deshalb optimiert er auch kontinuierlich Prozesse und Ausstattung, um die körperliche Belastung der Beschäftigten zu reduzieren, und bietet ihnen Leistungen zur Verbesserung des Gesundheitszustands, etwa Fitnesskurse. Werden in Absprache mit dem Steuerberater die entsprechenden Vorgaben erfüllt, bleiben für jeden Begünstigten jährlich Zuwendungen von bis zu 500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei. Die Sinnhaftigkeit solch eines Gesundheitsmanagements steht für Hoppen außer Frage, denn er hat erkannt: „Wir sind hier fast alle um die 50 und wollen schließlich gesund alt werden.“
Das scheint anderswo schwieriger zu sein, weil sich die Beschäftigten dort nicht richtig wohlfühlen. „Momentan kämpfen wir mit dem Auftreten psychischer Probleme“, warnt Julia Scharnhorst, im Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen zuständig für Gesundheitspsychologie. „Ursache sind oft der Umgang miteinander im Unternehmen und die Gestaltung der Arbeitsprozesse.“ Erheblich beeinflusst wird das Stressniveau dadurch, ob Beschäftigte eine ausreichende Entscheidungs- und Handlungsfreiheit spüren. „Darf man seine Arbeit selbst gestalten, ist das gesundheitsfördernd“, betont die Psychologin. „Wer eingeschränkt ist und strenge Vorgaben hat, arbeitet ständig gegen seinen eigenen Rhythmus, und das kann zu psychischen Problemen führen.“ Verringern lässt sich die Belastung unter anderem durch Veränderungen in der Arbeitsorganisation sowie Programme zur Gesundheitsförderung.
Mitarbeitern Angebote machen
In kleinen Betrieben wird das Thema Gesundheitsförderung oft mit dem Argument abgelehnt, das koste Zeit, Geld und personelle Ressourcen. Scharnhorst hält das für Ausreden. „Dann will der Chef sich einfach nicht darum kümmern“, meint sie, denn: „In solchen Unternehmen gibt es weniger zu untersuchen, ein Workshop dauert vielleicht nur zwei bis drei Stunden.“ Dabei steht für die Psychologin außer Frage, dass sich dieser verhältnismäßig geringe Aufwand nachhaltig lohnt: „Mitarbeiter sind motiviert, wenn sie merken, dass der Unternehmer an ihre Gesundheit denkt.“ Dies sei gerade bei einer kleinen Mannschaft extrem wichtig, wo ein Mitarbeiter etwa im Krankheitsfall viel schwerer zu ersetzen ist als bei einer großen Belegschaft.
Rahmenbedingungen verbessern
Bei Hoppen Innenausbau ist die Botschaft angekommen. Es werden diverse Ideen umgesetzt, um die psychische und körperliche Gesundheit der 27 Mitarbeiter zu stärken. Beispielsweise arbeiten vier Frauen mit Kindern auf Halbtagsstellen und dürfen viele Aufgaben am heimischen Computer erledigen. „Die flexiblen Arbeitszeiten nehmen ihnen die Sorge um die Betreuung der Kinder“, weiß Hoppen. „Das ist ein großer Motivator – und selbstverständlich wird die Arbeit nachgeholt, wenn sich jemand um seine Familie kümmert.“ Zudem macht dieses Arbeitszeitmodell das Unternehmen selbst flexibler. „Wir können so auch besser auf eine schwankende Auftragslage reagieren.“
Ganzen Betrieb durchleuchten
In der Produktion steht der neue Werkstattwagen für die Idee des gesunden Unternehmens. Er enthält alles, was die Hoppen-Mitarbeiter brauchen. Statt wie früher ein Werkstück zum Bearbeiten durch die Halle zu tragen, wird der Wagen zum Produkt gerollt. Das schont den Rücken und spart zugleich kostbare Arbeitszeit. Die Idee dafür stammt, wie viele Veränderungen, aus der professionellen Potenzialanalyse zweier externer Berater. Sie krempelten mit den Firmenchefs und der Belegschaft das Unternehmen um: Zuerst wurde gemeinsam aufgeräumt, dann über Verbesserungen geredet. Ein Ergebnis ist das übersichtlichere Lagersystem. Vom Kreppband bis zur Holzpalette liegen nun alle Materialien in einer klar bestimmten Menge vor. Kärtchen zeigen, wie viel da ist und wann nachbestellt werden muss. „Wir haben nicht nur einen großen Stressfaktor ausgeschaltet, weil das hektische Suchen kurz vor der Fahrt zum Kunden entfällt“, meint Hoppen. „Das System senkt auch noch die Kosten, weil wir uns teure Spontaneinkäufe sparen.“
Erspart hat sich der Firmenchef auch hohe Ausgaben für die Gesundheitsförderung, weil er offen für Kooperationen und Fördermittel jeder Art ist. Die mehrtägige Potenzialanalyse etwa bezahlte teilweise das Land NRW aus einem Programm, mit dem kleine Betriebe wettbewerbsfähig gehalten werden sollen. Auch Krankenkasse und Berufsgenossenschaften unterstützen zahlreiche Vorhaben. Rückenschulen, Raucherentwöhnung und Arbeitsplatzanalyse beispielsweise honoriert eine Krankenkasse mit einem Bonus. Die Mitarbeiter selbst wie auch der Betrieb erhalten am Jahresende einen Teil der Beitragszahlungen zurück. Für 2016/2017 sind das immerhin einige Tausend Euro.
Gute Konditionen aushandeln
Mit einem örtlichen Fitnessunternehmen, das zu seinen Kunden zählt, hat Hoppen einen Gruppenvertrag ausgehandelt und finanziert seinen Beschäftigten dort das Training. Außerdem spricht er mit der Volkshochschule, dem Freizeitbad sowie einer Tanzschule über gute Konditionen, denn seine Erfolgsformel für gesunde Mitarbeiter lautet: Das Unternehmen beteiligt sich an den Kosten, die Mitarbeiter setzen ihre Freizeit ein. Er ist sich sicher: „Dieses Vorgehen rechnet sich.“
Steuertipps
Das sollten Sie bei der Gesundheitsförderung beachten
Freibetrag: Leistungen zur Verbesserung des Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung sind pro Kopf und Jahr bis zu 500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei.
Sonderzahlung: Leistungen zur Gesundheitsförderung können auf freiwillige Sonderzahlungen angerechnet werden, falls diese nicht tariflich oder vertraglich zwingend vereinbart sind.
Sachbezug: Diese steuerfreien Leistungen bleiben bei der Sachbezugsfreigrenze unberücksichtigt.
Angebote: Der Arbeitgeber darf nicht pauschal die Beiträge für Sportverein oder Fitnessstudio zahlen. Kurse außerhalb des Betriebs erfordern Verträge mit „qualifizierten“ externen Anbietern. Möglich ist jedoch, bis zu 44 Euro Monatsbeitrag als Sachbezugsleistung zu übernehmen.
Modalitäten: Der Unternehmer kann eine Leistung direkt bezahlen oder dem Arbeitnehmer das Geld mit der Auflage überweisen, es nur in einer bestimmten Weise zu verwenden.
Unterstützung: Um alle Anforderungen des Gesetzgebers zu erfüllen, sollten Pläne zur betrieblichen Gesundheitsförderung unbedingt von einem Steuerberater überprüft werden.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 03/2016