Social-Media-Recruiting: den Richtigen finden
Online-Anzeige, Xing-Empfehlung, YouTube-Video – im Internet können Firmen sich auf viele Arten für Bewerber interessant machen. Aber wer die Eigenheiten der Kanäle nicht beachtet, trifft leicht den falschen Ton oder verzettelt sich.
Autor: Angelika Knop
Werner Deck nimmt den drohenden Fachkräftemangel im Mittelstand ernst. Und auf die damit verbundenen Herausforderungen hat er eine Antwort. Der Geschäftsführer der Malerdeck GmbH in Eggenstein bei Karlsruhe macht seinen Handwerksbetrieb durch eine umfassende Internetpräsenz zur Arbeitgebermarke. Damit potenzielle Bewerber das Unternehmen sympathisch finden und dort anfangen wollen, berichtet er in sozialen Medien wie Twitter, Facebook und Googleplus sowie im Blog auf seiner eigenen Website über Neues aus Betrieb und Branche: über Lob und Kritik von Kunden, über erfolgreiche Azubis, über eine Krankheitswelle – und natürlich über offene Stellen. „Das bringt gigantische Mundpropaganda“, so Werner Deck. „Als Arbeitgeber wirken wir viel attraktiver.“ Rund zehn Initiativbewerbungen im Jahr kommen über das Netz. Lehrstellenbewerber kommunizieren besonders gerne über Facebook. „Mit einem habe ich dort schon alles abgewickelt, bis zum Termin für das Vorstellungsgespräch.“
Wie die Malerdeck GmbH suchen immer mehr Betriebe auch im Internet nach Personal. Sie präsentieren auf der Homepage, in Jobbörsen und sozialen Medien den Betrieb und offene Stellen. Damit reagieren sie auf das sich ändernde Informationsverhalten vor allem junger Leute. Die blättern kaum noch den Stellenteil der Tageszeitung durch, sondern informieren sich vor allem im Netz über Jobangebote. Und nach einer Studie des Hightechverbands BITKOM sieht sich dort dann auch jeder Vierte die Bewertungen von Firmen als Arbeitgeber an. „Unternehmen sind längst Gegenstand des Erfahrungsaustauschs im Netz“, sagt BITKOM-Präsident Professor Dieter Kempf. „Wer ein gutes Arbeitsumfeld bietet, profitiert davon, dass er im Web empfohlen wird.“
Den passenden Ton treffen Jeder Auftritt im Netz kostet aber Zeit und Geld. Daher sollten vor allem kleine Firmen genau überlegen, wie und auf welchen Kanälen sie um Personal werben, um sich nicht zu verzetteln. Immerhin veranschlagten laut Social-Media-Recruiting-Studie 2012 der Unternehmensberaterin Eva Zils 69 Prozent der Befragten für entsprechende Aktivitäten maximal 5.000 Euro. Daher sollte der Einstieg ins Social-Media-Recruiting einer Strategie der kleinen Schritte folgen und erst dann mit einem Aufwand betrieben werden wie bei der Malerdeck GmbH, wenn der Firmenchef sich das leisten kann und will.
Zum Auftakt empfiehlt sich Werbung in sozialen Medien, vor allem wenn eine Stelle schnell besetzt werden soll. „Dann ist die beste Wahl eine Anzeige mit den richtigen Schlagworten, die so den passenden Kandidaten angezeigt wird“, rät Mona Szyperski, die bei der FlexBase GmbH in Düsseldorf alle Social-Media-Kanäle betreut, auf denen der Dienstleister für seine Kunden Personal sucht. Sie sagt: „Die Kunst ist, die richtigen Kanäle zu wählen und dort den richtigen Ton zu treffen.“
Auf Xing etwa erwarten 6,5 Millionen Berufstätige im deutschsprachigen Raum, dass man sie siezt. Auf Facebook dagegen ist das „Du“ gebräuchlich – obwohl längst nicht alle der 19 Millionen täglich aktiven Nutzer jugendlich sind. Auf Twitter muss man das richtige Hashtag wählen, ein Suchwort mit vorangestelltem # – aber sparsam, sonst ist die maximal 140 Zeichen umfassende Botschaft unleserlich. Auf der Online-Pinnwand Pinterest platziert Mona Szyperski Bilder von Info-Abreißzetteln, die man vom Schwarzen Brett kennt. Vor allem Einsteigern in die Personalsuche via soziale Medien rät sie: „Wichtig ist, nur so viele Kanäle aufzumachen, wie man im Blick behalten kann.“ Wer nicht in angemessener Zeit auf Bewerbungen, Fragen oder Kommentare reagiert, wird schnell öffentlich kritisiert – und das schadet dem Image.
Den richtigen Kanal wählen Achim Schütz hat gute Erfahrungen mit dem Recruiting über Xing gemacht. Für seine vor drei Jahren mit einem Partner gegründete bank management consult GmbH & Co. KG in Göttingen sucht er dauernd neue Mitarbeiter. Einen jungen Mitarbeiter fand er in dem sozialen Netzwerk über eine schlichte „Pay-per-Klick-Anzeige“. Für die Suche nach einem Experten mit viel Berufserfahrung investierte er mehr Geld und ließ die Anzeige mit seinem Firmenlogo aufwerten. An den Profilen der Interessenten, die sich melden, erkennt er, ob jemand überhaupt infrage kommt. Dann fordert er eine Bewerbung an. „Aber insgesamt passt die Auswahl relativ gut“, hat Schütz festgestellt. Deshalb ist dies für ihn die zeit- und kostengünstigste Art der Personalsuche.
Die Mitarbeiter einbinden Ein weiterer Vorteil von Netzwerken wie Xing: Man kann die Profile der Mitglieder durchforsten und gezielt Spezialisten ansprechen, ob sie ins eigene Unternehmen wechseln wollen. Und man bekommt Empfehlungen von Online-Bekannten, welche Kandidaten man sich ansehen sollte. Deshalb ist das Jobportal Xing nach einer Forsa-Umfrage bei Personalmanagern die beliebteste Plattform für die Personalsuche. Sie wird von 62 Prozent genutzt, nur 15 greifen auf eine klassische Jobbörse zurück. Auch Achim Schütz will auf Xing weiter Mitarbeiter suchen – falls er Zeit und Personal dafür findet, vielleicht sogar mit einem eigenen Firmenauftritt, um dort noch sichtbarer zu sein.
Eine Präsenz im Netz sollte unbedingt authentisch sein und den Geschmack der Zielgruppe treffen. „In den meisten Netzwerken sollte man nicht zu förmlich agieren, sondern Ecken und Kanten zeigen“, rät Anika Geisel, Senior-Beraterin bei der Eck Consulting Group in München. Feste, Sporttage, soziales Engagement oder Porträts der Mitarbeiter seien auch für Bewerber interessant. „Und die Social-Media-Welt ist visuell“, betont Geisel. Wichtig sei es, mit Fotos und Videos zu arbeiten, sie eventuell auf einem eigenen YouTube-Kanal zu veröffentlichen. Wer Mitarbeiter mit Bild ins Netz stellt, muss sie natürlich vorher um Einverständnis bitten. Aber wenn die dann solche Posts mit Freunden teilen oder „Gefällt mir“ drücken, kann das der erste Schritt zu einer Fangemeinde im World Wide Web sein.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 01/2014