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MICROBILG – keine Nachtschicht mehr für den Jahresabschluss?

Ein neues Gesetz, kurz: MicroBilG, soll Kleinstkapitalgesellschaften die Rechnungslegung erleichtern. Ob es sein Ziel erreicht, ist umstritten. Am besten prüfen Firmenchefs mit ihren Steuerberatern, ob und wie sie die Regeln anwenden.

Autor: Moni­ka Hofmann


Der Titel ist kom­pliziert, das Ziel Vere­in­fachung: Kle­in­stkap­i­talge­sellschaften-Bilanzrecht­sän­derungs­ge­setz, kurz Micro­BilG, nen­nt die Bun­desregierung das Gesetz. Sie set­zt damit die EU-Richtlin­ie zum Jahresab­schluss klein­er Kap­i­talge­sellschaften um und hofft, die Rech­nungsle­gungskosten zu senken. Außer­dem will sie die Fir­men den Einzelka­u­fleuten gle­ich­stellen, die auf Buch­führung und Bilanzierung unter bes­timmten Bedin­gun­gen verzicht­en dür­fen, seit­dem das Bilanzrechtsmod­ernisierungs­ge­setz (Bil­MoG) gilt.

Experten begrüßen die Änderun­gen, sehen aber Mehraufwand für Fir­men, die sie nutzen. Mit der Kle­in­stkap­i­talge­sellschaft entste­ht eine Kat­e­gorie von Betrieben, die an zwei aufeinan­der­fol­gen­den Abschlussstich­ta­gen zwei von drei Gren­zw­erten nicht über­schre­it­en: Ihr Umsatz liegt bei max­i­mal 700.000 Euro, die Bilanz­summe bei 350.000 Euro, die Mitar­beit­erzahl bei zehn. Sie kön­nen wählen, ob sie die Bilanz im Bun­de­sanzeiger veröf­fentlichen oder im Unternehmen­sreg­is­ter hin­ter­legen, wo sie auf Antrag ein­se­hbar ist.

Von Ent­las­tung keine Spur. „Das kommt manchem Betrieb ent­ge­gen, bringt aber keine große Ent­las­tung“, sagt Chris­t­ian Zwirn­er, Lehrbeauf­tragter der Uni­ver­sität Regens­burg. Für wichtiger hält er andere Neuregelun­gen: „Kle­in­stkap­i­talge­sellschaften müssen keinen Bilan­zan­hang erstellen, haben aber einige Punk­te wie die Haf­tungsver­hält­nisse zusät­zlich zu skizzieren.“ Nutzen kön­nen sie zudem verkürzte Gliederun­gen für Bilanz sowie Gewinn- und Ver­lus­trech­nung (GuV). Wer das tut, muss eventuell zusät­zliche Angaben zur Bilanz machen, wenn die verkürzte Darstel­lung kein real­is­tis­ches Bild der Vermögens‑, Finanz- und Ertragslage ver­mit­telt, warnt der Experte: „Damit weit­et der Geset­zge­ber die ursprünglich weni­gen geforderten Angaben let­ztlich wieder aus.“

Zwirn­er meint, dass viele Betriebe gar nicht von der Neuerung prof­i­tieren: „Weil sich viele Klei­n­un­ternehmen mit Fremd­kap­i­tal finanzieren, kön­nen sie die Erle­ichterung nicht nutzen.“ Gesellschafter, Bank und andere Geldge­ber wollen tiefer gehende, über­sichtliche Infor­ma­tio­nen. „Sie erwarten klas­sisch gegliederte, aus­sagekräftige Bilanzen mit Anhang und GuV.“ Eine trans­par­ente Auf­bere­itung der Zahlen mit dem Steuer­ber­ater bleibt notwendig. Die Neuerun­gen ste­hen zudem in Wider­spruch zur E‑Bilanz. Für die elek­tro­n­is­che Über­mit­tlung ans Finan­zamt sollen die Fir­men ihre Dat­en aus Bilanz und GuV detail­liert auf­schlüs­seln. So bleibt nur wenig Dereg­ulierung. Hand­lungs­be­darf sieht auch Rein­er Vei­dt, Geschäfts­führer der Wirtschaft­sprüfer­kam­mer (WPK) in Berlin: „Unternehmen sind kün­ftig zur elek­tro­n­is­chen Über­mit­tlung der Bilanz und GuV verpflichtet – dadurch und mit dem damit ver­bun­de­nen Detail­lierungs­grad der Dat­en dro­hen die Erle­ichterun­gen des Micro­BilG zunichtegemacht zu werden.“

Steuer­ber­ater bleibt wichtig. Wichtig sind für Vei­dt zwei Neuerun­gen: Die Möglichkeit, auf den Bilan­zan­hang zu verzicht­en, sofern einige wenige Angaben unter der Bilanz gemacht wer­den, etwa zu Haf­tungsver­hält­nis­sen oder Kred­iten und Vorschüssen an Organ­mit­glieder – und Erle­ichterun­gen bei der Gliederung von Bilanz und GuV. Sein Urteil fällt aber dif­feren­ziert aus: „Während der Verzicht auf den Anhang eine echte Erle­ichterung ist, führt die Reduk­tion der Gliederungsan­forderun­gen nicht zu ein­er wirk­lichen Arbeits- und Kostenre­duk­tion.“ Schließlich kön­nten Kle­in­stkap­i­talge­sellschaften nicht auf Buch­führung und Jahresab­schluss verzicht­en, wie es das Bil­MoG Einzelka­u­fleuten unter­halb bes­timmter Größenkri­te­rien ermöglicht. „Ins­ge­samt dürften die Neuerun­gen ein Schritt zu weniger Kom­plex­ität sein, ohne die Inter­essen der Adres­sat­en von Jahresab­schlüssen wie Gesellschafter oder Kred­it­ge­ber vol­lkom­men in den Hin­ter­grund treten zu lassen.“
Auch die Bun­dess­teuer­ber­aterkam­mer in Berlin begrüßt das Vorhaben, Bürokratie abzubauen. „Aber das Micro­BilG enthält einige Ungereimtheit­en“, so Prä­sidialmit­glied Roland Klee­mann. Das gilt etwa für den Verzicht auf Rech­nungsab­gren­zungsposten. Im ursprünglichen Entwurf soll­ten die Fir­men sie trotz­dem unter dem Punkt Forderungen/Verbindlichkeiten ausweisen. „Das bringt keine Erle­ichterung, weil die geson­derte Berech­nung der Posten auf jeden Fall erfol­gen muss“, sagt Kleemann.

Ord­nungs­gelder zu hoch. Der Geset­zge­ber hat dies berück­sichtigt. Aber bei der GuV will er Straf­fun­gen, die Fra­gen aufw­er­fen: „Wird das Gesamtkosten­ver­fahren genutzt, ist auf den ersten Blick nicht klar, wo etwa aktivierte Eigen­leis­tun­gen und Bestandsverän­derun­gen zuzuord­nen sind.“ Auch in der ges­trafften Vari­ante des Finanz­ergeb­niss­es sieht Klee­mann keine Erle­ichterung: „Bei Buch­führun­gen klein­er Fir­men wer­den die Posi­tio­nen auf getren­nte Kon­ten gebucht, was ihnen ermöglicht, auch die nicht verdichtete GuV auszufüllen.“ Ger­ade bei Kle­in­stkap­i­talge­sellschaften dienen Buch­führung und Jahresab­schluss dem Con­trol­ling und den Banken als Prü­fungs­grund­lage bei der Kred­it­gewährung, so der Experte. Dafür brauchen sie Zahlen mit Aussagekraft.

Nachbesserungs­be­darf sieht Klee­mann beim mit dem Gesetz zum elek­tro­n­is­chen Han­del­sreg­is­ter einge­führten Ord­nungs­geld­ver­fahren. Derzeit dro­hen Unternehmen hohe Ord­nungs­gelder ab 2.500 Euro, wenn sie ihre Jahresab­schlüsse nicht oder nicht rechtzeit­ig offen­le­gen. Klee­mann plädiert dafür, sie nach der Betrieb­s­größe zu staffeln und einen behördlichen Ermessensspiel­raum einzuführen: „Beson­ders für kleine Fir­men kann die aktuelle Regelung eine
enorme Belas­tung bedeuten und sog­ar die Exis­tenz bedrohen.“

Checkliste

Was die Banken erwarten


Bilanzgliederung: Wie die Bilanz aufge­baut ist und was sie enthält, geben das Gesetz und die Grundzüge ord­nungs­gemäßer Buch­führung (GoB) vor. Die Dat­en stam­men aus der Buch­führung. Banken erwarten von Fir­menkun­den neben dem Jahresab­schluss, also aus­führlich­er Bilanz mit Anhang und GuV, unter­jährige betriebliche Zahlen der Buchführung.

Kenn­zahlen: Banken berech­nen Kenn­zahlen, um eine Bilanz mit anderen Fir­men und über die Jahre zu ver­gle­ichen. So bew­erten sie die wirtschaftliche und finanzielle Lage. Kenn­zahlen gehen ins Rat­ing und als Kred­itk­lauseln in die Kred­itverträge ein. Wesentliche Werte der Aktiv­seite sind Anla­gen­in­ten­sität, Work­ing Cap­i­tal und Umlaufquote. Auf der Pas­siv­seite wichtig sind Kenn­zahlen zur Liq­uid­ität sowie zur Eigen- und Fremdkapitalquote.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 02/2013

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