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Beim Probearbeiten auf Vergütung und Versicherung achten

Vie­le Fir­men wol­len Be­wer­ber tes­ten. Doch lan­ges Pro­be­ar­bei­ten ohne Ver­gü­tung ver­stößt ge­gen gel­ten­des Recht und die Ver­sicherung ist ein hei­kles The­ma. Der An­walt kann er­klä­ren, was bei Ver­sicherung und Be­zah­lung von Pro­be­ar­bei­tern zu be­achten ist.

Text: Sigrun an der Heiden


Ist ein Bewer­ber wirk­lich so gut, wie er sich verkauft? Wenn Chefs kein sicheres Gefühl haben, laden sie Kan­di­dat­en oft zum Probear­beit­en ein, auf frei­williger Basis und ohne Bezahlung. Wenige Tage Hinein­schnup­pern in einen Betrieb – das ist erlaubt und gängige Prax­is bei der Bewer­ber­auswahl. Solange es für bei­de Seit­en unverbindlich bleibt, fällt beim Probear­beit­en keine Vergü­tung an. Schließlich dient es nur dem Ken­nen­ler­nen. Deshalb find­et das Probear­beit­en ohne Ver­trag und gegen­seit­ige Rechte oder Pflicht­en statt. Unternehmer müssen jedoch einige Spiel­regeln beacht­en, damit kein Probear­beit­en zum Arbeitsver­hält­nis mutiert. Einen Ver­trag hat der Bewer­ber zwar nicht unter­schrieben. Er kön­nte aber einen ein­kla­gen, wenn er richtig mitar­beit­en muss. Dann würde ihm für das Probear­beit­en eine angemessene Bezahlung zuste­hen. Knif­flig ist auch der Zusam­men­hang von Probear­beit­en und Ver­sicherung. Ereignet sich während der Schnup­per­phase im Betrieb ein Unfall, zahlt die geset­zliche Unfal­lver­sicherung nicht immer. Fir­menchefs soll­ten diese Aspek­te unbe­d­ingt mit einem Anwalt besprechen.

Frei­­wil­­liges Pro­­be­­ar­­bei­­ten oh­ne Ver­­gü­­tung anbieten

Experten beze­ich­nen Probear­beit­en als „Ein­füh­lungsver­hält­nis“. Bewer­ber ler­nen die betrieblichen Abläufe sowie kün­ftige Auf­gaben und Kol­le­gen ken­nen. Der Arbeit­ge­ber wiederum sieht, welch­er Kan­di­dat ins Team passt, bevor er nach dem Probear­beit­en einen Ver­trag anbi­etet. Ziel ist es also, sich für einen Bewer­ber zu entschei­den. Davon abzu­gren­zen ist die klas­sis­che Probezeit im neuen Job oder ein befris­tetes Arbeitsver­hält­nis. Bei­de enden nach Ablauf der vere­in­barten Frist. Dage­gen schließen die Parteien beim Probear­beit­en keinen Ver­trag, alles geschieht auf frei­williger Basis. Der Bewer­ber blickt erfahre­nen Mitar­beit­ern über die Schul­ter und lernt den Joball­t­ag ken­nen. Erledigt er dabei kleinere Auf­gaben, lässt sich seine Eig­nung für den Job leicht testen. Bei Probear­beit­en ist keine Vergü­tung vorge­se­hen. Die Dauer der Test­phase ist geset­zlich nicht geregelt, eine Grau­zone die Ver­sicherung. Das heißt aber nicht, dass bei Probear­beit­en alles erlaubt ist, nur weil es keinen Ver­trag gibt. Wer in den Betrieb hinein­schnup­pert, läuft nur mit und ist keine kosten­lose Arbeitskraft.

Stets sol­­lte Pro­­be­­ar­­bei­­ten ohne Be­­zah­­lung stattfinden

Heik­les The­ma ist beim Probear­beit­en die Vergü­tung. Kommt der Bewer­ber zum Schnup­pern in den Betrieb und erledigt keine konkreten Auf­gaben, sollte er fürs Probear­beit­en keine Bezahlung erhal­ten. Weil der Kan­di­dat nicht angestellt ist, muss der Unternehmer ihn wed­er bei den Sozialver­sicherun­gen anmelden noch bezahlen. Selb­st wenn der Joban­wärter für die Fir­ma nüt­zliche Tätigkeit­en ver­richtet, beste­ht während der Probear­beit­en auf Bezahlung kein Anspruch. Auch der Min­dest­lohn gilt nicht. Arbeit­srechtler rat­en Fir­menchefs sog­ar davon ab, Lohn zu zahlen. Lan­det solch ein Fall vor Gericht, erk­lären Richter diese Schnup­pertage son­st erfahrungs­gemäß schnell zum Arbeitsver­hält­nis. Auch bei Probear­beit­en ohne Ver­trag in Schrift­form. Meis­tens übernehmen Fir­men allerd­ings Fahrtkosten oder zahlen eine kleine Aufwand­sentschädi­gung. Dann soll­ten sie – aber nur nach Absprache mit dem Anwalt – eine entsprechende schriftliche Vere­in­barung mit dem Bewer­ber schließen. Sie muss regeln, wie das Probear­beit­en abläuft und klarstellen, dass die gezahlte Aufwand­sentschädi­gung keine Vergü­tung für geleis­tete Arbeit ist.

Pro­­be­­ar­­bei­­ten mit Ver­­trag kann Un­­ter­­neh­­mer absichern

Sind die Spiel­regeln vorher klar, gibt es keine Prob­leme. Eine schriftliche Vere­in­barung hil­ft, die Schnup­per­phase von einem reg­ulären Arbeitsver­hält­nis abzu­gren­zen. Beim Probear­beit­en mit Ver­trag macht dieser deut­lich, dass es sich um eine für bei­de Seit­en unverbindliche Ken­nen­lern­phase han­delt. Wed­er ist der Bewer­ber zur Arbeit­sleis­tung verpflichtet, noch erteilt der Fir­menchef ihm Weisun­gen. In die Vere­in­barung gehören fol­gende Punkte:

• Name des Jobanwärters
• Ort, Dauer und Zweck des Probearbeitens
• Beto­nung der Frei­willigkeit: keine Pflicht zur Arbeitsleistung
• Bei­de Parteien kön­nen das Probear­beit­en jed­erzeit beenden
• Ansprech­part­ner für den Bewerber
• Hin­weis auf das Haus­recht des Unternehmers
• Keine Bezahlung für geleis­tete Arbeit, max­i­mal Aufwand­sentschädi­gung oder Fahrtkostenerstattung
• Kein Anspruch auf Festanstellung

Bei der For­mulierung hil­ft der Anwalt. Wichtig zu wis­sen: Der Ver­trag ist das Papi­er nicht wert, auf dem er geschrieben ist, wenn die Schnup­per­phase in der Prax­is anders abläuft. Unternehmer müssen beim Probear­beit­en bei Vergü­tung und Bezahlung vor­sichtig agieren und soll­ten auch an die Ver­sicherung denken.

Großes Ri­­si­­ko ist ein Ver­­trag durch die Hintertür

Je länger die Test­phase dauert, desto riskan­ter ist sie. Häu­fig geht sie dann über ein „Ein­füh­lungsver­hält­nis“ hin­aus. Üblich ist ein Probear­beit­stag. Denkbar sind auch mehrere Tage, falls Auf­gaben, die der Kan­di­dat kün­ftig übernehmen soll, nur an bes­timmten Wochen­t­a­gen anfall­en. Dann ist es aber bess­er, der Bewer­ber kommt täglich nur wenige Stun­den. Wer Joban­wärter eine Woche oder länger zum Probear­beit­en ohne Bezahlung oder Vergü­tung antanzen lässt, bewegt sich rechtlich auf dün­nem Eis. Gibt der Fir­menchef die Anweisung, Auf­gaben zu erledi­gen, für die andere Per­so­n­en ein Gehalt beziehen, ist das kein Probear­beit­en mehr. Gerichte entschei­den dann meis­tens für den Bewer­ber – wegen stillschweigen­dem Abschluss eines Arbeitsver­trags. Auch ohne schriftlichen Ver­trag entste­ht beim Probear­beit­en ein Arbeitsver­hält­nis, wenn der Bewer­ber in den Betrieb eingegliedert ist. Der Arbeit­ge­ber kann dem Mitar­beit­er dann nur im Rah­men der geset­zlichen Fris­ten kündi­gen. Der Betrieb müsste also min­destens vier Wochen die übliche Vergü­tung für das Probear­beit­en bezahlen.

Sel­bststän­diges Ar­beiten ist kein Pro­be­ar­bei­ten mehr

Die Spiel­regeln sind klar: Bewer­ber laufen nur mit. Weil sie beim Probear­beit­en keine Vergü­tung erhal­ten, sind alle selb­st­ständi­gen Arbeit­en zu ver­mei­den, für die Fes­tangestellte ein Gehalt beziehen. Einige Beispiele: Wer in der Sales-Abteilung zur Probe arbeit­et, darf zu Kun­denge­sprächen mit­ge­hen, diese aber nicht selb­st führen. Lkw-Fahrer sitzen beim Schnup­pern auf dem Beifahrersitz. Kurzes Rang­ieren ist erlaubt, selb­st­ständi­ges Fahren oder Be- und Ent­laden nicht. Mehrtägige Mitar­beit im Call-Cen­ter oder als Verkäuferin in ein­er Bäck­erei in Beruf­sklei­dung ist auch kein Schnup­pern. Schon beim ver­meintlichen Probear­beit­en ist eine Bezahlung der geleis­teten Arbeit dann Pflicht. Arbeit­srichter entschei­den solche Fälle meist zugun­sten der Bewer­ber: Auch ohne schriftlichen Ver­trag sei ein Arbeitsver­hält­nis zus­tande gekom­men. Gegen unverbindlich­es Probear­beit­en sprechen ins­beson­dere fol­gende Punk­te: Der Bewerber

• muss feste Arbeit­szeit­en und Pausen einhalten,
• auf Weisung des Chefs konkrete Tätigkeit­en ausführen,
• bes­timmte Arbeit­sorte auf­suchen und erhält eine Vergü­tung sowie
• sich an Dien­st­pläne hal­ten und Dien­stk­lei­dung tragen.

Bei Pro­­be­­ar­­bei­­ten kann ge­­setz­­liche Ver­­sich­­erung greifen

Und was ist beim Probear­beit­en – neben der Vergü­tung – mit der Ver­sicherung, falls Bewer­ber sich ver­let­zen? Das war lange heftig umstrit­ten. Meis­tens erk­lärte sich die geset­zliche Unfal­lver­sicherung für nicht zuständig, schließlich sei der Kan­di­dat nicht angestellt. Ein neues Urteil des Bun­dessozial­gerichts sieht dies anders: Arbeit­suchende seien im Betrieb beim Probear­beit­en durch die geset­zliche Ver­sicherung abgesichert. Im konkreten Fall lag kein Arbeitsver­hält­nis vor, weil der Bewer­ber nicht in den Betrieb eingegliedert war. Er stürzte am Probear­beit­stag bei einem Entsorgung­sun­ternehmen vom Lkw. Die geset­zliche Unfal­lver­sicherung muss den­noch zahlen. Die Tätigkeit des Joban­wärters sei von wirtschaftlichem Wert und ermögliche es dem Unternehmen, einen geeigneten Kan­di­dat­en auszuwählen. Dieser sei als „Wie-Beschäftigter“ geset­zlich unfal­lver­sichert, so die Richter. Passiert der Unfall auf dem Weg zum Schnup­per-Betrieb, liegt jedoch meist kein Arbeit­sun­fall vor. Arbeit­slose haben beim Probear­beit­en eine Ver­sicherung in Form der geset­zlichen Unfal­lver­sicherung, wenn die Arbeit­sagen­tur sie in den Betrieb schickt.

Beim Pro­­be­­ar­bei­­ten ge­­ne­­rell an Ver­­sich­e­rung denken

Heikel wird es mit der Ver­sicherung beim Probear­beit­en aber, falls Joban­wärter auf Anweisung des Chefs selb­st­ständig Tätigkeit­en ver­richt­en. Trägt der Bewer­ber dabei Dien­stk­lei­dung und bekommt ein Fahrzeug gestellt, liegt meist ein Arbeitsver­hält­nis vor. Zwar zahlt die geset­zliche Unfal­lver­sicherung dann bei einem Unfall, doch müssen Unternehmer Regress­forderun­gen der Beruf­sgenossen­schaft einkalkulieren. Auch mit den Sozialka­ssen gibt es Ärg­er: Der Betrieb hat das – unge­wollt ent­standene – Arbeitsver­hält­nis nicht angemeldet, den Bewer­ber also schwarz beschäftigt. Fir­menchefs soll­ten sich daher im Vor­feld von einem Anwalt berat­en lassen. Wer Bewer­ber länger testen will, verzichtet bess­er auf ein Probear­beit­en und offeriert einen Ver­trag mit Bezahlung. Ein befris­tetes Arbeitsver­hält­nis zur Probe ist immer möglich. Dann dro­ht kein Prob­lem mit der Ver­sicherung. Reicht ein Schnup­pertag aus, soll­ten Unternehmer den­noch auf den Ver­sicherungss­chutz acht­en: Verur­sacht der Bewer­ber im Betrieb näm­lich einen Schaden, ist seine pri­vate Haftpflichtver­sicherung zuständig. Fir­men soll­ten sich bestäti­gen lassen, dass der Kan­di­dat so eine Ver­sicherung hat.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürnberg

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