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Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG): So verhindern Sie, dass die Falle zuschnappt

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) brachte 2017 neue Regeln für Überlassungshöchstdauer, Kettenverträge und Equal Pay. Die Beschäftigungsdauer könnte bald viele Probleme bereiten.

Text: Midia Nuri


Aus den Augen, aus dem Sinn: Vor einein­halb Jahren trat die Reform des Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­set­zes (AÜG) in Kraft. Zunächst heiß disku­tiert, geri­et mit der Zeit manch­er damals nicht aktuelle Aspekt in Vergessen­heit – schließlich müssen Fir­menchefs sich tagtäglich mit vie­len wichti­gen The­men beschäfti­gen. Daher kön­nte jet­zt ein bös­es Erwachen erleben, wer in seinem Betrieb auch Zeitar­beit­er ein­set­zt. Denn das Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­setz sieht seit der Reform vor, dass Lei­har­beit­er höch­stens 18 Monate im gle­ichen Betrieb beschäftigt wer­den dür­fen – bleiben sie länger, wer­den sie zu fes­ten Mitar­beit­ern jenes Unternehmens, in dem sie tätig sind. Wer Zeitar­beit­er nun also bere­its seit 18 Monat­en bei sich im Betrieb hat und sie nicht in ein unbe­fris­tetes Beschäf­ti­gungsver­hält­nis übernehmen will, hat ein Prob­lem. Immer­hin hat er laut Deutsche Handw­erk­szeitung noch die Option, den Mitar­beit­er befris­tet anzustellen – im Extrem­fall für drei Monate und einen Tag, um ihn dann anschließend gegebe­nen­falls wieder vom Per­sonal­dien­stleis­ter zu entlei­hen. Wer über län­gere Zeiträume Zeitar­beit­er bei sich beschäftigt, sollte am besten sehr bald den Anwalt kon­tak­tieren und das weit­ere Vorge­hen klären. Am besten, bevor sich die Bun­de­sagen­tur für Arbeit von sich aus meldet – die die Zeitar­beit­sun­ternehmen sowie die Ein­sätze der Lei­har­beit­nehmer kontrolliert.

AÜG ändert Regelungen zur Höchstdauer von Leiharbeit

Wer nicht bere­its seit April 2017 Lei­har­beit­er in seinem Unternehmen beschäftigt, son­dern kürz­er, hat etwas mehr Zeit, sich mit der Angele­gen­heit zu befassen. Aber auch auf diese Fir­menchefs kom­men Entschei­dun­gen sowie einige notwendi­ge Schritte zu. Denn die Höch­st­dauer für Lei­har­beit von 18 Monat­en am Stück ist nur eine der Neuerun­gen im reformierten AÜG. Wer Mitar­beit­er länger als neun Monate am Stück von einem Per­sonal­dien­stleis­ter entlei­ht, muss etwa gemäß dem im Gesetz fest­geschriebe­nen Prinzip „Equal Pay“ für Lei­har­beit­er das gle­iche Ent­gelt zahlen wie für ver­gle­ich­bare Stammbeschäftigte, die direkt im Unternehmen beschäftigt sind.

Ausnahmen bei der Überlassungshöchstdauer sind möglich

Natür­lich ist jet­zt zunächst nötig, nicht verse­hentlich eine wichtige Frist zu ver­passen und so unab­sichtlich die Belegschaft zu ver­größern. Alles Übrige war hier bere­its mal zu lesen. Trotz­dem ist es rat­sam, mit dem Anwalt zu besprechen, wie sich die Neuerun­gen des AÜG sukzes­sive auf den Betrieb auswirken und was in welchem Fall am besten zu tun wäre. So sind mit Blick auf die Über­las­sung­shöch­st­dauer eventuell Aus­nah­men möglich – immer dann, wenn Tar­ifverträge einen anderen max­i­malen Zeitraum enthal­ten oder Abwe­ichun­gen im Betrieb auf­grund von Tar­ifverträ­gen vere­in­bart wer­den kön­nen. Ob das der Fall ist, klärt der Anwalt. Es gibt auch die Möglichkeit, Prob­leme wegen ille­galer Arbeit­nehmerüber­las­sung, einem Schein­werkver­trag oder der Über­schre­itung der Höch­stüber­las­sungs­dauer durch eine soge­nan­nte Fes­thal­tenserk­lärung zu umge­hen. Sie besagt sin­ngemäß, dass der Arbeit­nehmer nicht an ein­er Beschäf­ti­gung im Betrieb inter­essiert ist, son­dern am Arbeitsver­hält­nis mit dem Per­sonal­dien­stleis­ter – was eine unbe­fris­tete Beschäf­ti­gung ver­hin­dern kann. Solche Son­der­fälle solle aber stets ein Anwalt beurteilen.

Auch Equal-Pay-Prinzip mit dem Anwalt besprechen

Natür­lich kön­nen Unternehmer einen Zeitar­beit­er auch ein­fach befris­tet ein­stellen, wenn sie fest­stellen, dass sie ihn länger als vorge­se­hen im Unternehmen benöti­gen, aber nicht ganz unbe­fris­tet – sach­grund­lose Befris­tun­gen sind ja möglich, wenn auch nur ein­mal, wie das Bun­desver­fas­sungs­gericht geurteilt hat. Der Ver­längerung des Per­son­alver­leihs durch Ket­ten­verträge schiebt das AÜG einen Riegel vor. Per­son­alver­lei­h­ern dro­hen bei Ver­stößen gegen die Vor­gaben und den Infor­ma­tion­spflicht­en ihren Kun­den beziehungsweise Mitar­beit­ern gegenüber hohe Bußgelder und gewer­berechtliche Ver­bote. Anson­sten ist das Arbeitnehmer­überlassungsgesetz zwar streng, lässt aber Grau­zo­nen oder Rand­bere­iche zur freieren Gestal­tung, die der Anwalt ken­nt. So kann der Arbeit­ge­ber etwa die Hürde des Equal-Pay-Prinzips aufwe­ichen, indem er nicht nach neun Monat­en auf einen Schlag das Gehalt auf­s­tockt, son­dern alter­na­tiv ab der sech­sten Beschäf­ti­gungswoche einen wach­senden Branchen­zuschlag zum Tar­i­flohn in der Zeitar­beit zahlt. So lässt sich die Angle­ichung an das Gehalt reg­ulär­er Beschäftigter auf 15 Monate streck­en. Und selb­st zu dem Ver­bot, Lei­har­beit­nehmer als Streik­brech­er einzuset­zen, weiß der Anwalt sicher­lich einiges rechtlich Wis­senswerte zu sagen.

Unklarheit um erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers

Auch das Gespräch mit dem Steuer­ber­ater soll­ten Unternehmer mit Zeitar­beit­ern im Betrieb suchen – um etwa die Frage der ersten Tätigkeitsstätte des Lei­har­beit­nehmers zu klären. Das ist spätestens für die Abrech­nung von Reisekosten ein wichtiges Detail. Das Finanzgericht Nieder­sach­sen sagt, der Betrieb des Entlei­hers sei keine erste Tätigkeitsstätte des Lei­har­beit­nehmers. Es gab damit der Klage eines Beschäftigten statt, der statt der ein­fachen Ent­fer­nung zwis­chen Woh­nung und Ein­sat­zort einen Wer­bungskosten­abzug von 30 Cent pro gefahre­nen Kilo­me­ter ange­set­zt hat­te. Das Ver­fahren ist derzeit noch vor dem Bun­des­fi­nanzhof anhängig. (Az.: VI R 6/17)

Vorausschauende Personalplanung ist ein Muss

Wer erst plant, kün­ftig – gegebe­nen­falls nach län­ger­er Zeit mal wieder – Lei­har­beit­er in den Betrieb zu holen, muss wis­sen, dass Verträge zwis­chen Unternehmen nicht mehr risiko­los als Werkverträge beze­ich­net wer­den. Das Über­lassen von Arbeit­nehmern muss seit April ver­gan­genen Jahres im Ver­trag aus­drück­lich so genan­nt wer­den. Wer einen Betrieb­srat hat, muss ihn über den Ein­satz von Leih- und Werkauf­trag­nehmern unter­richt­en. Auch ist für Fir­menchefs wis­senswert, dass Zeitar­beit­nehmer beim Berech­nen der Schwellen­werte des Betrieb­sver­fas­sungs­ge­set­zes und der Unternehmensmitbes­tim­mung zu berück­sichti­gen sind.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürnberg

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