Forderungsmanagement: Keiner rutscht durchs Raster
Durch Zahlungsausfälle oder ‑verzögerungen können selbst starke Unternehmen in finanzielle Not geraten. Ein vorausschauendes Forderungsmanagement mit der passenden Software und erfahrenen Dienstleistern hilft dabei, die Liquidität zu sichern.
Text: Eva Müller-Tauber
Im Geschäft mit Firmenkunden geht heute wenig ohne großzügige Zahlungsziele, sie werden von Auftraggebern zunehmend als Finanzierungsinstrument genutzt. Auch Paul Greineder, der mit seiner Frau Margot Esser-Greineder die Pharmos Natur Green Luxury GmbH im oberbayerischen Uffing am Staffelsee leitet, räumt daher branchenübliche Fristen ein. Wer sich aber darüber hinaus auf seine Kosten zusätzliche Liquidität verschaffen will und Rechnungen zu spät oder nicht begleicht, hat schlechte Karten. Forderungsmanagement und Mahnwesen des Herstellers von Heilpflanzenkosmetik sind straff organisiert. Ein Computerprogramm informiert bei Ablauf des Zahlungsziels über nicht beglichene Rechnungen. „Wir mahnen säumige Schuldner sofort, meistens ohne vorher anzurufen“, sagt Greineder. „Ausnahmen machen wir nur bei langjährigen Kunden, die wir persönlich kennen.“
Neben diesem konsequenten Vorgehen gibt es einen weiteren Grund dafür, dass der Firmenchef bislang kaum Forderungen über ein Inkassobüro oder einen Rechtsanwalt eintreiben musste. Eine sogenannte Delkredereversicherung sichert das Unternehmen bei Warenlieferungen ins In- und Ausland für den Fall ab, dass jemand nicht zahlt. Zugleich behält der Kreditversicherer die Bonität der Auftragnehmer im Blick und prüft die Zahlungsfähigkeit möglicher Neukunden. Bei einem negativen Ergebnis gibt es keinen Schutz im Rahmen der Delkrederepolice. Für Greineder heißt das, keine Geschäftsbeziehung einzugehen: „Wir arbeiten nur mit Abnehmern zusammen, bei denen unser Kreditversicherer grünes Licht bezüglich deren Zahlungsfähigkeit gegeben hat.“
FORDERUNGSMANAGEMENT
Acht Tipps für den schnelleren Weg zum Geld
Überprüfen Sie die Bonität, bevor Sie einem Kunden einen Kredit einräumen – und behalten Sie diese stets im Blick. Nutzen Sie dafür jede verfügbare Informationsquelle.
Bieten Sie Zahlungsanreize. Durch Skonti sowie über eine enge Kontaktpflege erreichen Sie eher, dass Kunden Ihre Rechnungen von sich aus frühzeitig begleichen.
Stellen Sie Rechnungen zeitnah. Vermeiden Sie dabei formale Fehler, die zu Reklamationen und so zu berechtigten Verzögerungen beim Begleichen der Forderung führen können.
Optimieren Sie Ihr Mahnwesen. Mahnen Sie nach einer kurzen Kulanzzeit. Prüfen Sie vorher akribisch, ob alle Leistungen komplett erbracht und alle Buchungen erfasst wurden.
Planen Sie Ihre Liquidität sorgfältig. Seien Sie bei erwarteten Zahlungen nicht zu optimistisch. Klären Sie frühzeitig mit der Bank die Finanzierung möglicher Außenstände.
Setzen Sie Forderungen mit externer Hilfe durch. Helfen Mahnungen nicht weiter, sollten Sie einen Inkassodienstleister und einen Rechtsanwalt einschalten.
Erwägen Sie den Abschluss einer Delkredereversicherung. Sie prüft kontinuierlich die Bonität Ihrer Kunden und zahlt im vereinbarten Rahmen bei Forderungsausfällen.
Denken Sie auch über Factoring nach. Der Forderungsverkauf wird als langfristiges Finanzierungsinstrument immer interessanter. Beim Full-Service-Factoring lassen sich sogar das firmeneigene Mahnwesen sowie das Debitorenmanagement outsourcen.
Quellen: Gründerzeiten 08 „Forderungsmanagement“ des BMWi/Professor Bernd Weiß, Hochschule Bochum
Meiden Sie wenig solide Firmen
Wer wie Greineder regelmäßig die Bonität der Kunden prüft, konsequent Forderungen eintreibt und sich zudem gegen Zahlungsausfälle absichert, minimiert das Risiko, durch finanziell angeschlagene Firmen selbst Liquiditätsprobleme zu bekommen. Laut der Auswertung „Zahlungsfähigkeit deutscher Unternehmen“ der Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG in Hamburg vom Frühjahr 2015 bergen derzeit 290.000 Betriebe ein sehr hohes Zahlungsausfallrisiko. „Durch Forderungsausfälle entstehen Schäden in Milliardenhöhe“, sagt Geschäftsführer Norbert Sellin, „und durch Dominoeffekte können weitere Unternehmen in Schieflage geraten.“
Daher rät Bernd Weiß, detaillierte Informationen zur Bonität einzuholen, bevor Firmen ihren Kunden Zahlungsziele einräumen. „Die beste Vorsorge gegen Zahlungsausfälle ist, kritischen Kandidaten keinen Kredit zu gewähren oder mitunter ganz auf ein Geschäft zu verzichten“, so der Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Finanzwirtschaft und Controlling an der Hochschule Bochum, der zudem das Institut für Unternehmensdiagnose (InDiag) leitet. Und die Rechnung sollte gestellt werden, sobald die Leistung erbracht ist – unbedingt unter Beachtung der formalen Details. „Jede Ungenauigkeit in der Rechnung kann der Kunde nutzen, um die Zahlung hinauszuzögern oder zu verweigern“, warnt Weiß. Wer den Auftraggeber kurz vor Ablauf der Zahlungsfrist telefonisch frage, ob er mit der Leistung zufrieden sei, schlage zwei Fliegen mit einer Klappe: „Er holt wertvolles Feedback ein und kann nebenbei darauf hinweisen, dass bald die Rechnung fällig ist.“
Ist das Zahlungsziel überschritten, sollte spätestens nach einer Kulanzwoche eine schriftliche Mahnung rausgehen. „Damit gerät der Kunde gesetzlich in Zahlungsverzug“, so Weiß. Der tritt bei Rechnungen ohne festen Zahlungstermin sonst automatisch 30 Tage nach Eingang der Rechnung beim Kunden ein. Ab dann muss der Schuldner den sogenannten Verzugsschaden ersetzen. Dazu zählen Zinsen, mögliche Anwalts- oder Inkassokosten sowie gegebenenfalls entgangener Gewinn. Seit Mitte 2014 dürfen Gläubiger pauschal 40 Euro für Mahnaktivitäten verlangen. Bei guten und langjährigen Geschäftspartnern, so Experte Weiß, empfehle sich aber zuerst ein Telefonat: „So lässt sich leicht herausfiltern, ob der Abnehmer nicht zahlen kann oder nicht zahlen will – und es finden sich leichter Lösungen, damit der Gläubiger zu seinem Geld kommt und die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten werden kann.“
Verringern Sie den Zinsnachteil
Auch aus steuerlicher Sicht sollten Firmenchefs interessiert sein, dass Rechnungen zügig beglichen werden. „Schließlich müssen sie für die Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt in Vorleistung treten“, so Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer in Berlin. „Je länger der Abnehmer mit der Zahlung wartet, umso höhere Zinsnachteile erleidet der leistende Unternehmer aus seinem Zwangskredit an den Fiskus.“
Beim Forderungsmanagement helfen kann der Steuerberater, indem er zeitnah – je nach Organisation der Buchhaltung wöchentlich, vierzehntäglich oder monatlich – einen Überblick über die offenen Forderungen erstellt. „Außerdem lassen sich durch Vergangenheitsanalysen säumige Zahler herausarbeiten, von denen der Unternehmer dann beispielsweise Vorauszahlungen verlangen kann“, ergänzt Schmidt-Kesseler. Zusätzlich kann der Steuerberater den Unternehmer über Möglichkeiten eines Factoring informieren und berechnen, was für finanzielle Vorteile aus einer Abgabe aller oder bestimmter Forderungen an ein Factoring-Unternehmen zu erwarten sind.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 03/2015