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Bon­pflicht und TSE: ein Kassen-Update

Ende 2016 trat das Gesetz zum Schutz vor Mani­pu­la­tio­nen an digi­talen Grund­auf­zeich­nungen in Kraft. Zum 01.01.2020 folgt nun die Ein­füh­rung der „Tech­nischen Sicher­heits­ein­richtung (TSE)“ bei „Elek­tro­nischen Auf­zeich­nungs­syste­men“ (Kassen­syste­men).

Text: DATEV


Der Geset­zge­ber hat die Einze­laufze­ich­nungspflicht durch die Änderung des § 146 AO geset­zlich normiert. In ein­er ersten Aufrüs­tungswelle wur­den die Kassen­sys­teme fit für den Jahreswech­sel 2016/2017 und die Anforderun­gen aus dem BMF Schreiben vom 26.11.2010 (2. Kassen­richtlin­ie) gemacht. Am 1. Jan­u­ar 2018 trat die näch­ste Stufe des „Kas­sen­ge­set­zes“ in Kraft, die eine Kassen-Nach­schau ermöglichte. Hier wurde deut­lich, dass es der Geset­zge­ber ernst meint mit der Kamp­fansage gegen Betrügereien und Manip­u­la­tio­nen an dig­i­tal­en Aufze­ich­nun­gen im Kassenum­feld. Es geht um Steuerg­erechtigkeit und die Poli­tik untern­immt erst­mals seit Jahrzehn­ten den ern­sthaften Ver­such, den mil­liar­den­schw­eren Steuer­be­trug einzudäm­men. Aus diesem Grund ist das Gesetz zum Schutz vor Manip­u­la­tio­nen an dig­i­tal­en Grun­daufze­ich­nun­gen und die schrit­tweise Ein­führung der Kassen­sicherungsverord­nung zum 1. Jan­u­ar 2020 ins Leben gerufen worden.

Diese Pflichten gelten ab Jahresanfang 2020

Das Gesetz zum Schutz vor Manip­u­la­tio­nen an dig­i­tal­en Grun­daufze­ich­nun­gen trat am 29.12.2016 durch die Veröf­fentlichung im Bun­des­ge­set­zblatt in Kraft. Die Ver­ant­wortlichen gin­gen davon aus, dass es möglich sein müsse, inner­halb von drei Jahren eine „Zer­ti­fizierte Tech­nis­che Sicher­heit­sein­rich­tung TSE“ für alle gängi­gen Kassen­sys­teme zu entwick­eln. Das Bun­de­samt in der Infor­ma­tion­stech­nik (BSI) sollte sie zer­ti­fizieren. Die Anwen­dungsszenar­ien und Auf­baut­en dieser Kassen­sys­teme kön­nen äußerst kom­plex und vielfältig sein. Deshalb zeigte sich im Laufe der drei Jahre, dass der vorge­se­hene Zeit­plan nicht zu hal­ten sein werde. Aus diesem Grund erfol­gte die Veröf­fentlichung ein­er „Nicht­bean­stan­dungsregelung“ bis zum 30.09.2020 durch das Bun­desmin­is­teri­um der Finanzen (Nicht­bean­stan­dungsregelung bei Ver­wen­dung elek­tro­n­is­ch­er Aufze­ich­nungssys­teme im Sinne des § 146a AO ohne zer­ti­fizierte tech­nis­che Sicher­heit­sein­rich­tung nach dem 31. Dezem­ber 2019).

Viele Unternehmen inter­pretieren die Nicht­bean­stan­dungsregelung fälschlicher­weise als eine Ver­schiebung der „Tech­nis­chen Sicher­heit­sein­rich­tung” (TSE) bis zum 30.09.2020. Sie gehen davon aus, dass nicht bean­standet wird, wenn die Kasse zum Jahreswech­sel nicht den neuen Anforderun­gen genügt. In der Nicht­bean­stan­dungsregelung heißt es aber: „Die tech­nisch notwendi­gen Anpas­sun­gen und Aufrüs­tun­gen sind umge­hend durchzuführen und die rechtlichen Voraus­set­zun­gen unverzüglich zu erfüllen.“

Kassenhändler oder ‑hersteller fragen

Unternehmer müssen dem­nach Kassen­händler oder Kassen­her­steller kon­tak­tieren und fol­gende Auskün­fte anfordern:

• Ist meine Kasse zum 01.01.2020 nachrüstungspflichtig?
• Wenn ja: Ist meine Kasse nachrüstbar?
• Wenn ja: Wann kann die Kasse mit der Schnittstelle zur DSFinV‑K aus­ges­tat­tet wer­den und wann kann die Kasse mit ein­er TSE aus­ges­tat­tet werden?
• Welche tech­nis­chen Möglichkeit­en der Anbindung an eine TSE gibt es, wann wer­den diese real­isiert und mit welchen Kosten ist dies verbunden?

Eine Über­sicht, welche Zer­ti­fizierungsver­fahren für Sicher­heitsmod­ule begonnen wur­den, gibt es beim BSI. Dort sind nur Unternehmen genan­nt, die ein­er Veröf­fentlichung zuges­timmt haben. Von BMF und BSI wurde das Kon­strukt ein­er vor­läu­fi­gen Zer­ti­fizierung angekündigt, mit deren Hil­fe der Verkauf ein­er TSE bere­its vor dem Abschluss des Zer­ti­fizierungsver­fahrens möglich wer­den soll. Im Rah­men dieser vor­läu­fi­gen Zer­ti­fizierung sollen erste TSE-Her­steller die Mark­t­freiga­be erhal­ten. Im Rah­men eines Feld­ver­suchs beim DFKA (Deutsch­er Fachver­band für Kassen- und Abrech­nungssys­temtech­nik e. V.) wer­den derzeit die TSE-Lösun­gen von Swiss­bit und Cryp­to­vi­sion im Zusam­men­spiel mit Kassen prax­is­nah getestet.

Schutz durch Investitionsschutzregel

Für einen Teil­bere­ich der „Elek­tro­n­is­chen Aufze­ich­nungssys­teme“ gibt es noch eine Investi­tion­ss­chutzk­lausel im Gesetz zum Schutz vor Manip­u­la­tio­nen an dig­i­tal­en Grun­daufze­ich­nun­gen (§ 30 Abs. 3). Ange­sprochen sind hier die „Elek­tro­n­is­chen Reg­istri­erkassen“, also Kassen­sys­teme, die nicht auf einem PC-Stan­dard­be­trieb­ssys­tem wie Win­dows, Lin­ux oder iOS basieren. Das Gesetz hat für diese Sys­teme in Abhängigkeit der Anschaf­fung einen Zeitrah­men definiert.

Als erste Voraus­set­zung müssen Kassen­be­treiber das Kassen­sys­tem zwis­chen dem 25.11.2010 und dem 01.01.2020 angeschafft haben. Zweit­ens muss es alle Anforderun­gen zur Auf­be­wahrung dig­i­taler Unter­la­gen bei Bargeschäften erfüllen. Drit­tens muss der Her­steller eine Bescheini­gung ausstellen, dass er dieses Sys­tem nicht mit ein­er TSE nachrüsten kann. Nur dann greift diese Investi­tion­ss­chutzregelung und Unternehmer dür­fen das Kassen­sys­tem über den 01.01.2020 hin­aus ohne TSE bis läng­stens zum 31.12.2022 einsetzen.

Diese Regelung basiert auf dem Gedanken, dass für zahlre­iche unter diese Regelung fal­l­ende Sys­teme zwei Aufrüs­tun­gen notwendig wären. Erste Aufrüs­tung zum 01.01.2017, um let­ztlich alle Anforderun­gen zur Auf­be­wahrung dig­i­taler Unter­la­gen bei Bargeschäften zu erfüllen, und die zweite Aufrüs­tung zur Erfül­lung des § 146a AO durch eine TSE (Tech­nis­che Sicher­heit­sein­rich­tung) zum 01.01.2020, die es aber eben nicht für dieses Sys­tem gibt. Für die Abschrei­bung eines solchen Kassen­sys­tems verbleiben damit mehr als fünf Jahre – danach ist dann auch für diese Sys­teme Schluss.

PC-Kassensysteme gelten grundsätzlich als aufrüstbar!

Diese Investi­tion­ss­chutzk­lausel greift jedoch nicht für Unternehmer mit PC-Kassen­sys­te­men. Da ihre Sys­teme grund­sät­zlich mit Stan­dard-Hard- und ‑Soft­ware, also Win­dows, Lin­ux, iOS etc., sowie vielfälti­gen Schnittstellen- und Spe­ich­er­sys­te­men arbeit­en, gel­ten diese Sys­teme grund­sät­zlich als aufrüst­bar im Sinne des Geset­zes. Damit gilt, dass die Sys­teme unverzüglich aufzurüsten und anzu­passen sind, wobei auch hier die Behör­den nicht bean­standen, wenn bis zum 30.09.2020 eine volle Ein­satzbere­itschaft im Sinne des § 146a AO nicht vorhan­den ist.

Alte und neue Kassen

Haben Unternehmer das Kassen­sys­tem vor dem 26.11.2010 angeschafft, stellt sich die Frage, ob es sich über­haupt aufrüsten lässt. Gibt der Her­steller des Sys­tems hier grünes Licht, ist das Sys­tem zum 01.01.2020 aufzurüsten, wobei es auch hier nicht bean­standet wird, wenn das Sys­tem bis zum 30.09.2020 nicht mit der TSE vol­lum­fänglich arbeit­et. Ist dieses alte Kassen­sys­tem aber gar nicht mehr aufrüst­bar, darf es auch nicht nach dem 01.01.2020 einge­set­zt wer­den. Die Betrof­fe­nen müssen dann eine neue Kasse mit TSE-Vor­bere­itung erwerben.
Für ganz neue Sys­teme gilt: Erfol­gt die Anschaf­fung nach dem 01.01.2020, dann nur noch mit TSE – genauer gesagt: „Elek­tro­n­is­che Aufze­ich­nungssys­teme mit Anbindungsmöglichkeit an eine zer­ti­fizierte tech­nis­che Sicher­heit­sein­rich­tung und die zer­ti­fizierte tech­nis­che Sicher­heit­sein­rich­tung kön­nen unab­hängig voneinan­der bewor­ben oder In Verkehr gebracht wer­den.“ Für Sys­teme, die nicht den Anforderun­gen entsprechen und den­noch In Verkehr gebracht wer­den, ste­ht ein Bußgeld in Höhe von 25.000 Euro pro Ver­stoß im Raum.

Zwingende Belegausgabe als Bon oder digital

Gegen die Bon-Aus­gabepflicht, die zum 01.01.2020 auf jeden Unternehmer mit elek­tro­n­is­chen Kassen­sys­te­men zukommt, regt sich derzeit mas­siv­er Wider­stand. Den­noch macht diese Verpflich­tung mit Blick auf das „Sys­tem Kasse“ dur­chaus Sinn.

Bei der über­wiegen­den Zahl der „elek­tro­n­is­chen Reg­istri­erkassen­sys­teme“ erfol­gt der Abschluss der Aufze­ich­nung des Bargeschäfts mit der Erstel­lung eines Kassen­bons auf Papi­er. Wenn Kassen­be­treiber den Bon nicht aus­druck­en, kön­nen sie den Geschäftsvor­fall eventuell abbrechen oder unter geöffneter Kassen­schublade ein­fach weit­erkassieren, ganz ohne nach­fol­gende Bon-Aus­gabe. Der Kassier­vor­gang soll trans­par­enter wer­den, wohl auch für den Betrieb­sprüfer in Vor­bere­itung ein­er Kassen-Nach­schau. Ab 01.01.2020 wird bei ein­er Nich­taus­gabe des Bons zwar kein Bußgeld erhoben. Der Bun­des­fi­nanzmin­is­ter ließ aber durch­blick­en, dass die Nich­taus­gabe des Kassen­bons als ein Indiz für eine nicht ord­nungs­gemäße Kassen­führung gew­ertet wer­den kann. Beobachtet ein Prüfer die Nich­taus­gabe, kann das eventuell eine Kassen-Nach­schau nach sich ziehen, um die ord­nungsmäßige Kassen­führung durch Ein­sicht­nahme in die Kassendat­en zu überprüfen.

Bonpflicht auch elektronisch

Neue und mod­erne Kassen­sys­teme bieten darüber hin­aus auch die Möglichkeit, einen elek­tro­n­is­chen Bon zu erzeu­gen. Diese Möglichkeit wird aus­drück­lich zuge­lassen. Wichtig ist die tat­säch­liche Erstel­lung eines elek­tro­n­is­chen Belegs. Nur eine Anzeige auf einem Dis­play oder Mon­i­tor genügt hier nicht den Anforderun­gen. Der elek­tro­n­is­che Bon muss zur Mit­nahme für den Kun­den in einem elek­tro­n­is­chen Stan­dard­for­mat (Grafik­datei, PDF-Bon) vom Unternehmer erzeugt und dem Kun­den ange­boten wer­den. Der Bon ist natür­lich auch im Sys­tem des Unternehmens zu speichern.

Ganz prak­tisch hat das natür­lich auch Auswirkun­gen auf die Fragestel­lung zum Kassen­bon. Kann das Kassen­sys­tem einen Bon sowohl druck­en als auch elek­tro­n­isch über­mit­teln, stellt sich ab dem 01.01.2020 die Frage, in welch­er Form ein Kunde den Beleg zu erhal­ten wün­scht. In der elek­tro­n­is­chen Vari­ante wird er über­mit­telt und den Anforderun­gen ist Genüge getan. Bei einem gedruck­ten Bon entschei­det der Kunde, ob er ihn mit­nimmt oder nicht.

Anmeldung des Kassensystems bei der Finanzverwaltung

Ursprünglich soll­ten Kassen­be­treiber ihre Sys­teme zum 01.01.2020 auf amtlichen Vor­druck bei der Finanzver­wal­tung anmelden. Im Angesicht der dro­hen­den Antrags­flut auf Papi­er hat man rechtzeit­ig die Anmel­dung auf elek­tro­n­is­chem Weg eingeschla­gen. Sobald eine elek­tro­n­is­che Anmel­dung von TSE-Kassen­sys­te­men möglich ist, erfol­gt dies durch Bekan­nt­gabe im Bun­des­ge­set­zblatt. Auch hier ist die weit­ere Entwick­lung zu beobacht­en. Unternehmer müssen dann sämtliche Sys­teme melden und angeben, wenn sie ein Sys­tem außer Betrieb nehmen. Um hier nicht den Überblick über Fris­ten und Ter­mine zu ver­lieren, emp­fiehlt sich in jedem Fall die Zusam­me­nar­beit mit einem Steuerberater.

Archivierung von Kassendaten

Die Archivierungspflicht von Kassendat­en ist kein neues The­ma der „Tech­nis­chen Sicher­heit­sein­rich­tung“ oder des Geset­zes zum Schutz vor Manip­u­la­tio­nen an dig­i­tal­en Grun­daufze­ich­nun­gen, son­dern basiert auf zahlre­ichen Regelun­gen wie z. B. den Anforderun­gen zur Auf­be­wahrung dig­i­taler Unter­la­gen bei Bargeschäften.

Hil­festel­lung für eine revi­sion­ssichere Archivierung von Kassendat­en kön­nen Cloud­basierte Lösun­gen wie das DATEV- Kasse­nar­chiv online bieten. Zusam­men mit der Sys­temtech­nik der Kasse bildet es den ver­längerten Kassen­spe­ich­er. Über eine Schnittstelle des jew­eili­gen Kassen­her­stellers lassen sich so automa­tisiert sowohl die Kasseneinzel­dat­en als auch die Tagesab­schluss­dat­en für jeden Tag ins Hochsicher­heit­srechen­zen­trum der DATEV über­tra­gen. Anschließend ste­hen sie als unverän­der­bare Dat­en sowohl dem Steuer­ber­ater über das DAT­EV-Kassen­buch online als auch auf Anfrage dem Betrieb­sprüfer zur Verfügung.

Verfahrensdokumentation – Handbuch für Unternehmen

Angesichts der Gefahr ein­er unangekündigten Kassen-Nach­schau ist es wichtig, dass Unternehmer und Betrieb­sprüfer auf eine Ver­fahrens­doku­men­ta­tion zurück­greifen kön­nen. Da der Geset­zge­ber keine Detailangaben zum Inhalt vorschreibt, kön­nen Unternehmer ein Hand­buch für die tech­nisch und organ­isatorisch gewoll­ten Prozesse im Unternehmen erstellen. So lassen sich die gewün­scht­en Abläufe und tech­nis­chen Ein­rich­tun­gen für Betrieb­sprüfer trans­par­ent machen. Darüber hin­aus dienen sie neuen Mitar­beit­ern als Ori­en­tierung. Inzwis­chen gibt es dazu auch die Muster­ver­fahrens­doku­men­ta­tion des „Deutschen Fachver­bands für Kassen- und Abrech­nungssys­temtech­nik e. V. (DFKA)“. Sie ste­ht kosten­los zum Down­load bere­it und auch hier emp­fiehlt sich die gemein­same Bear­beitung mit einem Steuerberater.

Wie kür­zlich bekan­nt wurde, möchte eine Ini­tia­tive im Bun­destag eine prax­is­taugliche Aus­nah­meregelung der Bel­e­gaus­gabepflicht durch den Bun­destag bekom­men. Am Fre­itag, den 13.12.2019, fand hierzu eine erste Lesung statt.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürnberg

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