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Lohn und Gehalt – jeder Stein muss exakt passen

Selbst in kleinen Unternehmen ist die Abrechnung inzwischen so schwierig, dass eine Betriebsprüfung oft mit Nachzahlungen endet. Die Fallen reichen von vermeintlich abgabenfreien Zuschlägen über den sogenannten Fiktivlohn bis zur Pfändungsgrenze.

Text: Eva-Maria Neuthinger


Für San­dra War­den ist das The­ma zwar nicht neu, es gewin­nt nach ihrer Beobach­tung jedoch aktuell merk­lich an Brisanz. „Nach ein­er Prü­fung der Sozialver­sicherung wer­den derzeit viele Unternehmer aufge­fordert, eine Nachzahlung zu leis­ten – sie sollen Beiträge auf gar nicht aus­gezahlte und dazu noch ver­meintlich abgaben­freie Zuschläge abführen“, berichtet die Geschäfts­führerin für Arbeit­srecht und Soziales in der Berlin­er Bun­des­geschäftsstelle des Deutschen Hotel- und Gast­stät­ten­ver­bands (DEHOGA) aus der Prax­is. Die betrof­fe­nen Fir­menchefs müssen sich in diesem Fall mit ein­er ihnen nor­maler­weise weit­ge­hend unbekan­nten Fein­heit bei Steuern und Abgaben beschäfti­gen, für die die Fach­leute sog­ar eine eigene Beze­ich­nung haben. Es geht um die soge­nan­nte Fiktivlohnfalle.

Zuschläge machen oft Probleme

Jed­er Unternehmer weiß, dass Zuschläge für Sonntags‑, Feiertags- oder Nachtar­beit vom Zugriff des Fiskus ver­schont bleiben. Für den Arbeit­ge­ber und seinen Mitar­beit­er sind die Leis­tun­gen zudem bis zu einem Stun­den­lohn von 25 Euro sozialver­sicherungs­frei. Was vie­len Fir­menchefs jedoch nicht bewusst ist: „Die Abgaben­frei­heit gilt nur, wenn Zuschläge für Arbeit gezahlt wer­den, die tat­säch­lich und nach­weis­lich zu den vom Steuer­recht begün­stigten Stun­den geleis­tet wurde“, erk­lärt War­den. So kön­nen Sozial­ab­gaben fäl­lig sein, mit denen kein­er rech­net. Wird ein Arbeit­nehmer etwa krank oder geht er in Urlaub, ergibt sich üblicher­weise das Salär für diesen Zeitraum nach dem soge­nan­nten Lohnaus­fall­prinzip – bei Krankschrei­bung aus dem durch­schnit­tlichen Ver­di­enst der let­zten zwölf Monate, bei Urlaub aus dem der ver­gan­genen 13 Wochen, jew­eils ein­schließlich der gezahlten Zuschläge.

Es ist uner­he­blich, ob der Mitar­beit­er das Plus auf Basis eines Tar­ifver­trags oder seines indi­vidu­ellen Arbeitsver­trags erhal­ten hat. Wird nicht tat­säch­lich gear­beit­et, fall­en Sozialver­sicherungs­beiträge auf die Zuschläge an – auf­grund der soge­nan­nten betrieblichen Übung sog­ar bei frei­willi­gen Leis­tun­gen und generell auch für Leis­tun­gen, die dem Beschäftigten in diesem Zeitraum gar nicht aus­gezahlt wurden.

Allein der Unternehmer haftet

Für Unternehmer kann das teuer wer­den. „Der Fir­menchef muss im Regelfall für den gesamten Zeitraum, den der Prüfer der Sozialver­sicherung unter die Lupe genom­men hat, die Nachzahlung allein tra­gen“, betont Thi­lo Söh­n­gen, Vizepräsi­dent des Steuer­ber­ater­ver­bands West­falen-Lippe. Die Mitar­beit­er kann er zumeist nicht mehr in die Pflicht nehmen. Es ist daher empfehlenswert, die Lohn­zahlun­gen mit einem Steuer­ber­ater zu besprechen, um solchen Stolper­steinen auszuweichen.

Mar­git Nie­der­maier, die gemein­sam mit ihrem Mann Herib­ert in Hohen­pold­ing bei Land­shut die Nie­der­maier Haustech­nik GmbH führt, sind der­ar­tige Risiken sehr wohl bekan­nt: „Wir haben uns darum schon vor vie­len Jahren dazu entschlossen, unsere Lohn­buch­hal­tung kom­plett an unsere Steuerkan­zlei auszugliedern, und fahren sehr gut damit.“ Die Fir­ma wird lück­en­los über alle Jahre geprüft. „Es kam noch nie zu Bean­stan­dun­gen“, sagt die Fir­menchefin zufrieden. Sie nimmt jedes Jahr an Weit­er­bil­dungsver­anstal­tun­gen beispiel­sweise von Krankenkassen teil, damit sie in punc­to Lohnabrech­nung auch selb­st auf dem Laufend­en bleibt. „Dann stelle ich immer wieder fest, wie kom­pliziert die Materie ist und vor allem: wie viel sich ändert“, sagt Nie­der­maier mit Blick auf die Inhalte dieser Sem­i­nare. „Es wäre für uns zu aufwendig, uns über jedes Detail frühzeit­ig zu informieren.“

An Pfändungsgrenzen denken

Wie knif­flig die Einzel­heit­en bei der Lohnabrech­nung häu­fig sind, zeigt das Beispiel Gehalt­spfän­dung. „Es kommt dur­chaus öfter vor, dass Mitar­beit­er so hoch ver­schuldet sind, dass ihnen ein Teil des Lohns nicht aus­gezahlt wer­den darf“, erläutert Ver­bandsvize Söh­n­gen. „Der Unternehmer haftet im Zweifel gegenüber dem Gläu­biger.“ Mit der Zustel­lung eines Pfän­dungs­beschlusses – er wird in der Regel von einem Gerichtsvol­lzieher übergeben – darf der entsprechende Betrag nicht mehr dem Schuld­ner über­wiesen wer­den. Der Fir­menchef wird in diesem Fall meis­tens dazu aufge­fordert, eine soge­nan­nte Drittschuld­ner­erk­lärung auszufüllen, zu unter­schreiben und zurück­zuschick­en. Wenn dies nicht passiert, kann der Gläu­biger den Unternehmer darauf verk­la­gen, denn er hat einen Anspruch auf seinen Anteil am Gehalt des Schuldners.

Den Steuerberater einschalten

Beacht­en muss der Fir­menchef bei der Lohn­berech­nung im Falle ein­er Gehalt­spfän­dung aber, dass jedem Beschäftigten – völ­lig unab­hängig vom Anspruch des Gläu­bigers auf einen Teil des Ent­gelts – ein Min­desteinkom­men zuste­ht, um seinen Grundbe­darf für den Leben­sun­ter­halt zu deck­en. Dieses soge­nan­nte „Pfän­dungsnet­to“ muss nicht mit dem steuer­lichen Net­toeinkom­men iden­tisch sein. Der­art kom­plexe Berech­nun­gen, welche Lohnbe­standteile wie zu berück­sichti­gen sind und welche Summe tat­säch­lich an den Gläu­biger über­wiesen wer­den muss, soll­ten einem Experten über­lassen werden.

Extras beim Lohn genau klären

Uner­wartete Prob­leme kann die soge­nan­nte Pfän­dungs­gren­ze auch verur­sachen, wenn Beschäftigten der unteren Lohn­grup­pen steuerpflichtige geld­w­erte Vorteile gewährt wer­den. Nutzt ein Mitar­beit­er etwa pri­vat einen Fir­men­wa­gen, der nach der pauschalen Ein-Prozent-Meth­ode ver­s­teuert wird, kön­nte ihm durch den Lohn­s­teuer­abzug auf den geld­w­erten Vorteil net­to nur noch ein Betrag unter­halb der Pfän­dungs­gren­ze bleiben. Dann kön­nte der Unternehmer verpflichtet sein, die Steuern und Sozial­ab­gaben für seinen Mitar­beit­er zu übernehmen, weil diesem das Min­desteinkom­men in Geld auszuzahlen ist. „Viele Fir­menchefs haben solche Zusam­men­hänge nicht im Kopf, wenn sie ihren Mitar­beit­ern Extras anbi­eten“, warnt Söh­n­gen. Wer kein teures Lehrgeld zahlen will, sollte deshalb solche Vere­in­barun­gen vor Ver­trag­sun­ter­schrift mit seinem Steuer­ber­ater besprechen.

Fehlerquellen

Diese Punk­te sind bei Zuwen­dun­gen zusät­zlich zum Lohn wichtig

Geschenke: Präsente zu Geburt­stag oder Jubiläum sind bis 60 Euro steuer­frei. Als Aufmerk­samkeit­en gel­ten auch das Essen beim Arbeit­sein­satz oder Lebens­mit­tel, die im Betrieb ausliegen.

Kan­tine: Wer­den Verpfle­gungskosten über­nom­men, gilt der Sach­bezugswert von je 3,17 Euro für Mit­tag- oder Aben­dessen und von 1,70 Euro für ein Früh­stück. Zuzahlun­gen sind abzuziehen.

Gesund­heits­förderung: 500 Euro im Jahr darf der Chef für einen Mitar­beit­er aus­geben. Der Kurs muss den Anforderun­gen der Krankenkassen genü­gen und zusät­zlich zum Lohn gezahlt werden.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 02/2017

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