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Storytelling: spannende Inszenierung

Geschichten bewegen mehr als Zahlen oder Argumente. Die Erkenntnis ist nicht neu, wird aber oft vergessen. Hinter Storytelling verbirgt sich die Kunst, eine zum eigenen Betrieb passende Geschichte zu finden und gekonnt zu erzählen.

Text: Ange­li­ka Knop


1943 kämpft der Erlanger Bau­un­ternehmer Jean Mauss an der Ost­front, den Betrieb leit­et seine Frau. Er schreibt: „Geliebte Mia, … Du zeigst immer mehr Tal­ente, und ich merke schon, wenn ich zu Hause bin, bin ich eigentlich schon ganz über­flüs­sig.“ Jean fällt, und seine Witwe wird Allein­in­hab­erin von Mauss Bau – nicht die let­zte Frau auf dem Chefsessel.

„Frau am Bau“ heißt daher 2012 ein Teil der Ausstel­lung zur Feier des 125-jähri­gen Beste­hens. Zu sehen sind Fotos, Karten, Werkzeuge – und der Feld­post­brief. Die Besuch­er sollen die Geschichte der Per­so­n­en hin­ter der Fir­ma erfahren. „Weil eine Immo­bilie viel Geld kostet, suchen die Kun­den einen zuver­läs­si­gen Part­ner“, so Sofia Schnei­der, Ururenke­lin des Fir­men­grün­ders, die mit ihrem Mann die Mauss Hold­ing leit­et. „Unser tra­di­tion­sre­ich­er Fam­i­lien­be­trieb über­lebte durch gute Führung und kluge Entschei­dun­gen auch schwere Zeit­en – das ist ein unschlag­bares Ver­trauensmerk­mal für unsere Kunden.“

Das gehört zu gutem Storytelling

Image Die Geschichte ist kein Selb­stzweck, sie soll dem Betrieb einen emo­tionaleren Auftritt ver­schaf­fen. Sie muss zu den kom­mu­nizierten Werten und Marken­botschaften passen.

Inspi­ra­tion Span­nende Sto­rys find­en sich in der Fir­mengeschichte wie im All­t­ag der Mitar­beit­er. Nutzen Sie Brain­storm­ings, Erzählrun­den, Befra­gun­gen und interne oder externe Work­shops, um die besten Ideen aufzuspüren.

Inhalt Ein Held mit Eck­en und Kan­ten erlebt Kon­flik­te und über­windet Hin­dernisse. Läuft für fehler­lose Men­schen alles glatt, lang­weilt das. Der Kern der Geschichte muss in einen Satz passen. Die Sprache ist aktiv und bildhaft.

Helden­plots verkaufen sich gut Geschicht­en berühren mehr als Zahlen. Sie rufen Gefüh­le her­vor, prä­gen sich ein, lassen sich erzählen. Mod­ernes Mar­ket­ing set­zt daher gern auf soge­nan­ntes Sto­ry­telling. „Wahre Geschicht­en sind präsen­ter, authen­tis­ch­er und glaub­würdi­ger als reine Pro­duk­t­botschaften“, sagt Franziska Lexa, Bera­terin bei der Agen­tur Birke und Part­ner in Erlan­gen. „Bei Mauss Bau haben wir Ord­ner gewälzt, uns durch Kisten gewühlt und aus den Puz­zleteilen die Sto­ry zusam­menge­set­zt, die für die Fir­ma steht.“

Gute Geschicht­en – von Odysseus über Har­ry Pot­ter bis zum Apple-Grün­der Steve Jobs – fol­gen dem Helden­plot: Jemand erlebt Kon­flik­te, geht durch Krisen, meis­tert Prü­fun­gen, kommt verän­dert ans Ziel. „Im Kern trägt alles, was wir um Mauss Bau erzählen, die Ele­mente, wenn auch nicht immer bis zum Ende entwick­elt“, sagt Lexa. Neben den Frauen beein­druck­te viele Besuch­er, wie sehr Mauss mit über 400 Bauw­erken das Erlanger Stadt­bild geprägt hat. Der Ausstel­lungscon­tain­er war sog­ar beim Inter­na­tionalen Com­ic-Salon. Die geze­ich­nete Mauss-Maus in Arbeit­shose führte durch einen Com­ic-Par­cours in der Stadt. „Bei Bedarf kön­nten wir die Geschicht­en auch in Social-Media-Kanälen von den Usern fortschreiben lassen“, so Lexa.

Bild­hafte Details sind wichtig Umfan­gre­ich­es Sto­ry­telling erfordert Zeit, Geld und Experten­hil­fe.  Aber es geht auch klein­er. Petra Rink macht sich im Kon­flikt- und Entspan­nungs­man­age­ment selb­st­ständig. Beim Münch­n­er Pro­jekt guide, ein­er Beratung für Exis­ten­z­grün­derin­nen, ent­warf sie im Kurs „Sto­ry­telling für Grün­derin­nen“ aus ihrer vielfälti­gen Qual­i­fika­tion und dem abwech­slungsre­ichen Lebenslauf eine Geschichte. Drei Stich­worte weck­en Neugi­er: Sal­sa-Tänz­erin – Gelähmte – Libelle. Sie schildert, wie sie leicht durchs Leben „tanzte“, sich im Job unbe­weglich­er fühlte und nun wie die Libelle nach der Ver­pup­pung zu Höhen­flü­gen anset­zt. Rink begeis­terte die Zuhör­er: „Später haben sie sich vor allem an die bild­haften Details erin­nert und daran Gespräche angeknüpft.“

Mit Bildern lassen sich kom­plexe Sachver­halte ver­an­schaulichen und schwierige The­men ansprechen. Erfun­den sein aber darf die Geschichte nur, wenn das deut­lich wird. Ani­ta Feuchtinger nutzt Sto­rys für Web-Artikel und Vorträge. Gibt die Bera­terin für Per­son­al­strate­gie im Busi­ness­portal arbeits-abc.de Tipps, entwirft sie konkrete Szenen: „Mon­tag­mor­gen, neun Uhr, der erste Arbeit­stag begin­nt“. Aber PC und Tele­fon fehlen, nie­mand ist für die Ein­weisung einge­plant. Oder Urlaub­spläne über­schnei­den sich. Alle stellen fest: „So geht es nicht.“ Was nun? Solche Geschicht­en eignen sich gut, um unter­hal­tend, aber doch auf den Punkt Prob­leme anzus­prechen und Lösun­gen anzuregen.

Oft helfen ein­fache Ver­gle­iche Beim The­ma Mitar­beit­erbindung erk­lärt Feuchtinger ein kom­plex­es Prob­lem ganz ein­fach: Sie ver­gle­icht Fir­men mit einem Teich, in dem sich Fis­che wohlfühlen müssen, son­st schwim­men sie weg oder sog­ar mit dem Bauch nach oben. Die Tiere brauchen nicht nur Fut­ter, son­dern auch Frischwass­er, Pflanzen und die richti­gen Artgenossen – so wie Arbeit­nehmern allein ein gutes Gehalt nicht reicht, falls sie unter miesem Betrieb­skli­ma, kar­gen Büroräu­men und fehlen­dem Teamgeist lei­den. Die Geschichte verästelt sich weit­er und öffnet den Ver­ant­wortlichen die Augen. „Sie wis­sen, was das heißt, wenn es einem Fisch nicht gut geht“, so Feuchtinger. „Aber bei den Mitar­beit­ern erken­nen sie das nicht.“

Die Vor­tragsidee kam der Per­son­al­ex­per­tin in einem Sem­i­nar: Plöt­zlich erkan­nte sie, dass sie Sto­ry­telling – wie viele Men­schen in vie­len Lebensla­gen – schon längst anwen­det, es im Geschäft­sleben aber noch kon­se­quenter nutzen kön­nte. So wurde das Sto­ry­telling selb­st zu ihrer Geschichte: ein­er Her­aus­forderung, der sich die Heldin stellt. So wie sich Mia Mauss vor 70 Jahren der Auf­gabe gestellt hat, ihr Unternehmen allein zu managen.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 02/2015

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