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Mindestlöhne

Ein Mindestlohn ist ein in der Höhe festgelegtes, kleinstes rechtlich zulässiges Arbeitsentgelt. Die Festsetzung erfolgt durch eine gesetzliche Regelung, durch eine Festschreibung in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag oder implizit durch das Verbot von Lohnwucher. Eine Mindestlohnregelung kann sich auf den Stundensatz oder den Monatslohn bei Vollzeitbeschäftigung beziehen.


Durch Tar­ifverträge kön­nen branchen­spez­i­fis­che Min­destlöhne fes­tlegt wer­den, wenn von den Tar­ifver­tragsparteien aus­ge­han­delte Lohn­tar­ifverträge durch einen staatlichen Recht­set­zungsakt, die sog. All­ge­mein­verbindlicherk­lärung, als all­ge­mein­verbindlich erk­lärt wer­den, d. h., die tar­ifver­traglich nicht gebun­de­nen Arbeit­ge­ber und Arbeit­nehmer dieser Branche wer­den dadurch dem Min­dest­lohn des Tar­ifver­trags unter­wor­fen. Für bes­timmte Branchen ergibt sich die Rechtsverbindlichkeit auch aus § 3 Arbeit­nehmer-Entsendege­setz (AEntG) in Verbindung mit der All­ge­mein­verbindlicherk­lärung des Tar­ifver­trags oder – alter­na­tiv – in Verbindung mit ein­er nach dem AEntG erlasse­nen Rechtsverord­nung. Das Arbeit­nehmer-Entsendege­setz und das Min­destar­beits­be­din­gun­genge­setz stellen die rechtlichen Weichen für die Entwick­lung von Min­destlöh­nen. Nach­fol­gen­der Artikel set­zt sich mit diesen Weichen­stel­lun­gen auseinander.

Recht­srah­men durch AEntG für Min­destlöhne. Das AEntG bietet einen Recht­srah­men, um branchen­be­zo­gene Min­destlöhne für alle Arbeit­nehmer und Arbeit­nehmerin­nen ein­er Branche verbindlich zu machen, unab­hängig davon, ob der Arbeit­ge­ber seinen Sitz im In- oder Aus­land hat. Nach dem Arbeit­nehmer-Entsendege­setz (AEntG) sind derzeit in den fol­gen­den Branchen Min­dest­lohn-Tar­ifverträge anzuwenden:

  • Abfall­wirtschaft ein­schließlich Straßen­reini­gung und Winterdienst
  • Aus- und Weit­er­bil­dungs­di­en­stleis­tun­gen nach dem Zweit­en oder Drit­ten Buch Sozialgesetzbuch
  • Bau(haupt)gewerbe
  • Berg­baus­pezialar­beit­en auf Steinkohlebergwerken
  • Dachdeck­er­handw­erk
  • Elek­tro­handw­erk
  • Gebäud­ere­ini­gungsleis­tun­gen
  • Maler- und Lackiererhandwerk
  • Sicher­heits­di­en­stleis­tun­gen
  • Wäscherei­di­en­stleis­tun­gen im Objektkundengeschäft

Daneben gibt eine Rechtsverord­nung nach § 11 AEntG ein Min­destent­gelt für die Pflege­branche vor. Eine Rechtsverord­nung nach § 3a AÜG bes­timmt für die Zeitar­beits­branche ein Min­dest­stun­de­nent­gelt als Loh­nun­ter­gren­ze für die Zeit der Über­las­sung und für Zeit­en ohne Überlassung.

Min­destar­beits­be­din­gun­genge­setz.Das Min­destar­beits­be­din­gun­genge­setz ermöglicht die Fest­set­zung von Min­destar­beit­sent­gel­ten für die Wirtschaft­szweige, in denen die tar­ifge­bun­de­nen Arbeit­ge­ber bun­desweit weniger als 50 % der unter den Gel­tungs­bere­ich aller Tar­ifverträge fal­l­en­den Arbeit­nehmer und Arbeit­nehmerin­nen beschäfti­gen. Ein dauer­haft einzurich­t­en­der Haup­tauss­chuss prüft, ob in einem Wirtschaft­szweig soziale Ver­w­er­fun­gen vor­liegen und entschei­det, ob in diesem Wirtschaft­szweig Min­destar­beit­sent­gelte fest­ge­set­zt, geän­dert oder aufge­hoben wer­den. Ein Fachauss­chuss, der sich aus Vertretern des Wirtschaft­szweigs zusam­menset­zt, kann dann die konkrete Höhe des jew­eili­gen Min­dest­lohns anhand vorgegeben­er Kri­te­rien durch Beschluss fes­tle­gen. Auf Vorschlag des Bun­desmin­is­teri­ums für Arbeit und Soziales kann die Bun­desregierung die vom Fachauss­chuss beschlosse­nen Min­destar­beit­sent­gelte als Rechtsverord­nung erlassen.

Die Min­destar­beit­sent­gelte sind für alle in- und aus­ländis­chen Arbeit­nehmer und Arbeit­nehmerin­nen zwin­gend und unab­d­ing­bar. Aus Grün­den des Ver­trauenss­chutzes geht ein zu einem Stich­tag beste­hen­der Tar­ifver­trag für die Zeit seines Beste­hens den fest­ge­set­zten Min­destar­beit­sent­gel­ten vor. Ein Fol­ge­tar­ifver­trag, mit dem die Tar­ifver­tragsparteien ihren am Stich­tag beste­hen­den Tar­ifver­trag ablösen bzw. erset­zen, genießt eben­falls Vorrang.

Grund­sätze bei der Min­dest­lohn­er­mit­tlung. Bei dem Min­dest­lohn han­delt es sich um einen Brut­tolohn. Vom Arbeit­ge­ber gezahlte Zula­gen oder Zuschläge wer­den dabei als Bestandteile des Min­dest­lohns berück­sichtigt, wenn ihre Zahlung nicht von ein­er Arbeit­sleis­tung des Arbeit­nehmers abhängt, die von der im Tar­ifver­trag vorge­se­henen Nor­malleis­tung abweicht.

Als Beispiel dienen der Bauzuschlag und Zula­gen, die im Arbeitsver­trag als Dif­ferenz zwis­chen dem heimis­chen Lohn und dem geschulde­ten Min­dest­lohn aus­gewiesen sind. Über­stun­den­zuschläge wer­den nur dann berück­sichtigt, wenn der Arbeit­ge­ber auf­grund eines Tar­ifver­trags im Sinne von § 3 AEntG oder in der Pflege­branche auf­grund ein­er Rechtsverord­nung nach § 11 AEntG zur Zahlung von Über­stun­den­zuschlä­gen verpflichtet ist. In diesem Fall reicht es aus, wenn der tat­säch­lich gezahlte Lohn ein­schließlich der Über­stun­den­zuschläge min­destens die Summe aus dem tar­i­flich vorgeschriebe­nen Min­dest­lohn und dem tar­i­flich vorgeschriebe­nen Über­stun­den­zuschlag ergibt.

Nicht berück­sichtigt wer­den hinge­gen Zuschläge und Zula­gen, deren Zahlung z. B. mehr Arbeit pro Zeit­ein­heit (Akko­rd­prämien), über­durch­schnit­tliche qual­i­ta­tive Arbeit­sergeb­nisse (Qual­ität­sprämien), Arbeit zu beson­deren Zeit­en (z. B. Über­stun­den, Sonn- oder Feiertagsar­beit), Arbeit unter erschw­erten oder gefährlichen Bedin­gun­gen (z. B. Schmutz­zu­la­gen, Gefahren­zu­la­gen) voraus­set­zt. Entsendezu­la­gen wer­den gle­ich­falls nicht berück­sichtigt, soweit sie der Erstat­tung beim Arbeit­nehmer tat­säch­lich ange­fal­l­en­er Entsendungskosten (z. B. Unterkun­ft, Verpfle­gung, Reisekosten) dienen. Leis­tun­gen wie Wei­h­nachts­geld oder ein zusät­zlich­es Urlaub­s­geld wer­den als Bestandteil des Min­dest­lohns gew­ertet, wenn der Arbeit­nehmer den auf die Entsendezeit ent­fal­l­en­den anteili­gen Betrag jew­eils zu dem für den Min­dest­lohn maßge­blichen Fäl­ligkeits­da­tum tat­säch­lich und unwider­ru­flich aus­bezahlt erhält. Bei der Berech­nung des Min­dest­lohns bleiben Arbeit­ge­ber­an­teile zur Sozialver­sicherung außer Betracht.

Fäl­ligkeit. Die Fäl­ligkeit des Anspruchs auf den Min­dest­lohn ist dem jew­eili­gen Min­dest­lohn-Tar­ifver­trag oder den Rechtsverord­nun­gen nach § 11 AEntG bzw. § 3a AÜG zu ent­nehmen. Wenn in einem Betrieb eine Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung einge­führt wurde, sind beson­dere Regelun­gen zu beachten.

Beispiel der Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung im Bere­ich Gebäud­ere­ini­gung.Grund­sät­zlich ist der Anspruch auf den Min­dest­lohn spätestens am 15. des Monats fäl­lig, der dem Monat fol­gt, für den der Min­dest­lohn zu zahlen ist. Aus­nah­men sind auss­chließlich für ger­ingfügig Beschäftigte in der Lohn­gruppe 1 und Arbeit­nehmer in den Lohn­grup­pen 6 und 7 zulässig.

Aus­nah­men für ger­ingfügig Beschäftigte in der Lohn­gruppe 1 im Bere­ich Gebäud­ere­ini­gung.Von der Fäl­ligkeit­sregelung sieht § 3 des Tar­ifver­trags zur Regelung der Min­destlöhne für gewerbliche Arbeit­nehmer in der Gebäud­ere­ini­gung (Anhang zur Zweit­en Verord­nung über zwin­gende Arbeits­be­din­gun­gen in der Gebäud­ere­ini­gung) eine Aus­nahme vor: Danach kann ger­ingfügig Beschäftigten der Lohn­gruppe 1 mit ein­er gle­ich­bleiben­den wöchentlichen Arbeit­szeit unab­hängig von der jew­eili­gen monatlichen Arbeit­szeit ein gle­ich­bleiben­der – „ver­stetigter“ – Monat­slohn gezahlt wer­den, der sich nach fol­gen­der Formel berech­net: Stun­den­lohn x Wochenar­beit­szeit : 5 x 261 : 12.

Aus­nah­men für Arbeit­nehmer in den Lohn­grup­pen 6 und 7 im Bere­ich Gebäud­ere­ini­gung.Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung ist unter fol­gen­den Voraus­set­zun­gen zulässig:

  • Durch Betrieb­svere­in­barung oder, wenn kein Betrieb­srat beste­ht, durch einzelver­tragliche Vere­in­barung kann für die gewerblichen Arbeit­nehmer, die in den Lohn­grup­pen 6 bis 9 ein­grup­piert sind, vere­in­bart wer­den, dass für einen Zeitraum von zwölf zusam­men­hän­gen­den Monat­en (Aus­gle­ich­szeitraum) Mehrar­beit oder aus­fal­l­ende Arbeit­szeit durch Verkürzung oder Ver­längerung der fest­gelegten Arbeit­szeit an anderen Werk­ta­gen ohne Mehrar­beit­szuschlag aus­geglichen wird. In der Vere­in­barung ist zu bes­tim­men, in welch­er Form und mit welch­er Ankündi­gungs­frist die jew­eilige werk­tägliche Arbeit­szeit fest­gelegt wird.
  • Der Arbeit­ge­ber kann inner­halb von zwölf Kalen­der­monat­en 150 Arbeitsstun­den vorar­beit­en und 30 Arbeitsstun­den nachar­beit­en lassen (Jahre­sar­beit­szeitkon­to). Mehrar­beit­szuschlags­frei im Sinne der Zif­fer 1 bleiben die ersten 150 Stun­den inner­halb des Ausgleichszeitraums.
  • Dem Arbeit­nehmer ist bei Anwen­dung des Jahre­sar­beit­szeitkon­tos unab­hängig von der tat­säch­lichen monatlichen Arbeit­szeit ein gle­ich­bleiben­der Monat­slohn zu zahlen. Dieser berech­net sich nach der Formel: Stun­den­lohn x Jahre­sar­beit­szeit : 12. Der Monat­slohn min­dert sich um den Lohn für die Arbeitsstun­den, die infolge von Kurzarbeit, Zeit­en ohne Ent­gelt­fortzahlung sowie Zeit­en unbezahlter Freis­tel­lung ausfallen.
  • Für jeden Arbeit­nehmer wird ein indi­vidu­elles Aus­gle­ich­skon­to ein­gerichtet. Auf diesem Aus­gle­ich­skon­to ist die Dif­ferenz zwis­chen dem Lohn für die tat­säch­lich geleis­teten Arbeitsstun­den und dem nach Zif­fer 3 errech­neten Monat­slohn für jeden Arbeit­nehmer gutzuschreiben bzw. zu belasten.
  • Das Arbeit­szeitguthaben und der dafür ein­be­hal­tene Lohn dür­fen zu keinem Zeit­punkt 150 Stun­den, die Arbeit­szeitschuld und der dafür bere­its gezahlte Lohn dür­fen zu keinem Zeit­punkt 30 Stun­den über­schre­it­en. Wird ein Guthaben für 150 Stun­den erre­icht, so ist der Lohn für die darüber hin­aus­ge­hen­den Stun­den neben dem Monat­slohn auszuzahlen.
  • Auf dem Aus­gle­ich­skon­to gut­geschrieben­er Lohn darf nur zum Aus­gle­ich für den Monat­slohn, am Ende eines Aus­gle­ich­szeitraums nach Maß­gabe des fol­gen­den Absatzes, bei Auss­chei­den des Arbeit­nehmers oder im Todes­fall aus­gezahlt werden.
  • Das Aus­gle­ich­skon­to soll nach zwölf Kalen­der­monat­en aus­geglichen sein. Beste­ht am Ende des Aus­gle­ich­szeitraums noch ein Guthaben, so sind die dem Guthaben zugrunde liegen­den Vorar­beitsstun­den und das dafür gut­geschriebene Arbeit­sent­gelt unter Anrech­nung auf das zuschlags­freie Vorar­beitsvol­u­men des neuen Aus­gle­ich­szeitraums in diesen zu über­tra­gen. Abwe­ichend vom vorheri­gen Satz kann auch eine Abgel­tung des Guthabens am Ende des Aus­gle­ich­szeitraums durch Betrieb­svere­in­barung oder, sofern kein Betrieb­srat beste­ht, einzelver­traglich vere­in­bart werden.
  • Beste­ht am Ende des Aus­gle­ich­szeitraums eine Zeitschuld, so ist diese in den näch­sten Aus­gle­ich­szeitraum zu über­tra­gen und in diesem auszu­gle­ichen. Bei Auss­chei­den des Arbeit­nehmers sind etwaige Guthaben oder Schulden auszugleichen.
  • Durch den Arbeit­ge­ber ist auf seine Kosten durch geeignete Mit­tel sicherzustellen, dass das Guthaben jed­erzeit bes­tim­mungs­gemäß aus­gezahlt wer­den kann und die steuer­lichen und sozialver­sicherungsrechtlichen Pflicht­en erfüllt wer­den kön­nen. Bilanzielle Rück­stel­lun­gen sowie zwis­chen Konz­er­nun­ternehmen (§ 18 Aktienge­setz) begrün­dete Ein­stand­spflicht­en, wie z. B. Bürgschaften, Patronat­serk­lärun­gen oder Schuld­beitritte, stellen keine geeigneten Sicherungsmit­tel dar. Auf Ver­lan­gen ein­er der Tar­ifver­tragsparteien ist dieser gegenüber die Absicherung des Aus­gle­ich­skon­tos nachzuweisen. Erfol­gt dieser Nach­weis nicht, so ist das Guthaben an den Arbeit­nehmer auszuzahlen; die Vere­in­barung über die Arbeit­szeitverteilung im Aus­gle­ich­szeitraum tritt zu diesem Zeit­punkt außer Kraft.

Im Aus­land ansäs­sige Arbeit­ge­ber.Im Aus­land ansäs­sige Arbeit­ge­ber kön­nen von ein­er Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung unter den gle­ichen Bedin­gun­gen Gebrauch machen wie inländis­che Arbeitgeber.

Zusät­zliche Unter­la­gen bei Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung. Soweit eine Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung erfol­gt ist, müssen zusät­zlich zu den üblichen Prü­fun­ter­la­gen fol­gende Unter­la­gen in Deutsch­land bere­it­ge­hal­ten werden:

  • Schriftliche Vere­in­barung über Arbeitszeitflexibilisierung,
  • Aus­gle­ich­skon­to (für jeden Arbeit­nehmer), gegebe­nen­falls getren­nte Stun­de­naufze­ich­nun­gen neue Bundesländer/alte Bundesländer,
  • Nach­weis über Absicherung des Aus­gle­ich­skon­tos (z. B. Bankbürgschaft, Sper­rkon­to), soweit nach Tar­ifver­trag oder Rechtsverord­nung erforderlich.

Die üblichen Prü­fun­ter­la­gen wer­den in dem Artikel „Zur Aufze­ich­nungspflicht von Arbeit­szeit­en“ dargestellt. Wer­den darüber hin­aus ggf. weit­ere Unter­la­gen benötigt, sind diese eben­falls der Prüf­be­hörde zur Ein­sicht zur Ver­fü­gung zu stellen. Wer­den vom Arbeit­ge­ber keine Nach­weise für die Arbeit­szeit­flex­i­bil­isierung erbracht, verbleibt es bei der im Tar­ifver­trag oder in der Rechtsverord­nung fest­ge­set­zten Fäl­ligkeit des Mindestlohns.

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