Vermeidung der Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven durch Übertragung auf ein Ersatzwirtschaftsgut
Wird ein Gegenstand des Betriebsvermögens zerstört und handelt es sich hierbei um einen Versicherungsfall, so erhält man oftmals eine Entschädigung von der Versicherung, die den Buchwert des Wirtschaftsguts überschreitet. Folglich kommt es zu einer Aufdeckung stiller Reserven, so dass der Unterschiedsbetrag zwischen Entschädigung der Versicherung und dem Buchwert des Gegenstands zu versteuern ist. Allerdings gibt es eine Möglichkeit diese Besteuerung zu vermeiden, indem man die aufgedeckten stillen Reserven auf ein neues Wirtschaftsgut überträgt. Wie dies funktioniert und welche weiteren Anwendungsfälle möglich sind, zeigt dieser Artikel.
Die Voraussetzungen. Das entsprechende Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens muss durch höhere Gewalt wie z.B. einen Sturm, einen Brand, eine Überschwemmung oder auch durch einen unverschuldeten Unfall aus dem Betriebsvermögen aussscheiden. Ebenfalls zulässig ist eine Veräußerung zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs z.B. in Form einer Enteignung. Des Weiteren muss eine Entschädigung von dritter Seite ausschließlich für das ausgeschiedene Wirtschaftsgut gezahlt werden; Entschädigungen z.B. für Produktionsausfälle durch eine zerstörte Maschine können nicht berücksichtigt werden. In Frage kommen also Leistungen aus einer Sachversicherung, Schadensersatz nach § 249 BGB, sowie das Entgelt aus einer Veräußerung zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs. Damit eine Übertragung der stillen Reserven möglich ist, muss ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt werden, das auch funktionsgleich genutzt wird.
Sofortige Übertragung der stillen Reserven. Erfolgt die Anschaffung des Ersatzwirtschaftsguts im selben Jahr, in dem auch das ursprüngliche ausscheidet, so können die aufgedeckten stillen Reserven sofort auf das neue Wirtschaftsgut übertragen werden. Dies erfolgt, indem die aufgedeckten stillen Reserven via steuerrechtlicher Abschreibung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden. Die weitere Bemessungsgrundlage für die planmäßige Abschreibung wird infolgedessen ebenfalls um den gleichen Betrag gemindert.
Spätere Übertragung der stillen Reserven durch Einstellung in Rücklage. Wird im Wirtschaftsjahr des Verlusts des Wirtschaftsguts kein Ersatz hergestellt oder angeschafft, so kann in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven eine steuerfreie Rücklage gebildet werden, wenn die Ersatzbeschaffung oder Herstellung ernstlich geplant und zu erwarten ist. Eine Nachholung der Einstellung in die Rücklage ist in späteren Wirtschaftsjahren nicht mehr möglich. Spätestens am Schluss des auf den Verlust des Wirtschaftsguts folgenden Wirtschaftsjahres ist diese Rücklage dann durch Übertragung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts auszubuchen. Die weitere Bemessungsgrundlage für die planmäßige Abschreibung wird danach ebenfalls um den gleichen Betrag gemindert. Wird innerhalb der genannten Frist kein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt, muss die Rücklage erfolgswirksam aufgelöst werden, so dass es zu einer Besteuerung der aufgedeckten stillen Reserven kommt. Bei Grundstücken oder Gebäuden verdoppelt sich die Einjahresfrist auf eine Zweijahresfrist.
Die maximale Höhe der übertragbaren stillen Reserven. Wird die erhaltene Entschädigung vollständig für eine Ersatzbeschaffung oder Herstellung verwendet, so können auch grundsätzlich die kompletten aufgedeckten stillen Reserven übertragen und eine Besteuerung vermieden werden. Überschreitet allerdings die Entschädigung die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts, kann nur ein Teil der aufgedeckten stillen Reserven auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden. Der Rest unterliegt dann der Besteuerung. Der übertragbare Teil der aufgedeckten stillen Reserven bestimmt sich nach dem Verhältnis aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts und der Entschädigung. Dieses Verhältnis multipliziert mit den aufgedeckten stillen Reserven gibt den übertragbaren Teil an, der nicht der Besteuerung unterliegt. Für bebaute Grundstücke existiert hierfür eine Sonderregelung.
Fazit: Die Aufdeckung stiller Reserven durch Entschädigungen und die damit verbundene Besteuerung kann sich durchaus negativ auf die Liquidität eines Unternehmens auswirken. Um so erfreulicher ist die Möglichkeit in bestimmten Fällen die stillen Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen zu können und so die Besteuerung zu vermeiden. Eine genaue Analyse der Voraussetzungen und die Durchführung der Übertragung kann sich folglich durchaus lohnen.